Deutsche Reiterliche Vereinigung
06.09.2015 | 20:32 Uhr | Uta Helkenberg

DKB-BCH: Nobleman C, Michel und SF Detroit gewinnen Titel "im Busch"

Warendorf (fn-press). Gespannt warteten die Fans der Vielseitigkeit bei den DKB-Bundeschampionaten auf die nächste Generation hoffnungsvoller Talente „für den Busch“. Wer neben jungen Pferden auch die großen Namen erleben wollte, wurde in diesem Jahr aber enttäuscht. Die meisten Topstars waren an Bundeschampionats-Wochenende bereits in Großbritannien, um sich auf die ein oder andere Art auf die Europameisterschaften in Blair Castle vorzubereiten. Dennoch fieberten sie aus der Ferne mit den Pferden in Warendorf mit, von denen sich in diesem Jahr Nobleman C, Michel und SF Detroit die Siegerschärpen sichern konnten.

Nobleman C– dynamisch zum Sieg
Er galoppierte mit den höchsten Vornoten auf den Geländeplatz – Nobelman C, der seine Führung dort noch ausbaute und eindrucksvoll auf das Siegerpodest der sechsjährigen Geländepferde stürmte. In seinem Sattel: Moa Kulle, Bereiterin vom Team Thomsen, die nicht weniger als fünf Pferde (vier bei den fünfjährigen Buschpferden) in Warendorf an der Start brachte, zeigte auf „Nobi“, wie der smarte Braune von Nekton im heimischen Stall genannt wird, in allen drei Teilprüfungen überzeugende Leistungen. So zirkelte sie mit dem holsteinisch gebrannten Nekton-Sohn (M.v. Candillo) in der Dressur eine tolle 8,5 ins Viereck, setzte im Springen mit einer 8,8 noch einen drauf und dem Ganzen im Gelände mit 9,5 die Krone auf. Der Wallach aus der Zucht von Ursula Chojnacki, in deren Besitz er auch steht, ließ Kommentator Thies Kaspareit keinen Raum für weitere Wünsche, sondern brachte ihn und die Jury zum Schwärmen: „Nobleman C hat das Gelände hier in überzeugender Art und Weise und ohne jede Schwierigkeit absolviert“, so Kaspareit. Dynamisch, kraftvoll, dabei rationell reihte Nobleman die Hindernisse aneinander wie die Perlen auf einer Schnur. Das gab klar und unangefochten die Tagesbestnote von 9,5!

Zum Vizetitel steuerte Jens Hoffrogge eine gut aufgelegte Victoria MB: Die patente Stute von Volkano (M. v. Lenz) glänzte mit einer unaufwendigen und fleißig repetierenden Galoppade, mit einem flinken Vorderbein und offenbar einem großen Kämpferherz. All das belohnten die Richter mit einer 8,8. Da die braune Westfalenstute aus der Zucht von Maria Bruns, in deren Besitz sie auch steht, aus der Dressur (7,5) und dem Springen (8,6) reichlich Punkte mitbrachte, gab´s am Ende die Silbermedaille.

Knapp dahinter platzierte Christin Tidow ihren Hulingshof´s Jogi auf dem Bronzerang. Die Bereiterin aus dem Stall von Andreas Dibowski, hatte mit dem statiösen Schimmel das Kleine Finale für sich entscheiden können und dann kontinuierlich starke Leistungen gezeigt. Im abschließenden Cross überzeugte der Clinton-Sohn (M. v. Goofalik xx) mit Übersicht, Kraft und hoher Rittigkeit. 8,5 gab das Richtergremium dem Oldenburger aus der Zucht und im Besitz von Johannes Baumann.

Trotz knapp bemessener Zeit und hoher Schwierigkeit kamen alle der elf Finalisten ins Ziel und zeigten hier durchweg gute bis sehr gute Leistungen. Lediglich Elena Otto-Erley (Warendorf), die von Platz zwei nach Dressur und Springen aussichtsreich ins Rennen ging, kassierte einen Vorbeiläufer, pilotierte ihren Finest Fellow v. Fidertanz – Sir Shostakovich xx aus der Zucht ihres Vaters Friedrich Otto-Erley dann aber ganz gelassen und vorbildlich ins Ziel.

Favoritensieg für Michel
Auch bei den fünfjährigen Vielseitigkeitspferden hatte es einen Favoritensieg gegeben. Der Hannoveraner Michel, einer von vier Nachkommen des Mighty Magic M aus einer Federweisser-Mutter, hatte der Jury bereits in der Finalqualifikation gefallen (9,2) und bestätigte diesen Eindruck auch in sämtlichen Teilprüfungen des Finales. In der Dressur gab es die 8,5, das Springen beendete er mit 8,7 und für den Geländeritt zückten die Richter Dietmar Hogrefe und Horst Karsten sogar die 9,5. Beeindruckend war vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der der braune Wallach aus der Zucht und im Besitz von Helmut Böttcher aus Rehlingen die gestellten Aufgaben bewältigte. „Als wäre es nichts Besonderes, als hätte er das schon hundert Mal gemacht“, so Kommentator Thies Kaspareit. Vorgestellt wurde Michel von Stephanie Böhe, die zuletzt bei Weltmeisterin Sandra Auffarth arbeitete und trainierte und sich gerade erst selbständig gemacht hat. Eine Woche vor den DKB-Bundeschampionaten erfolgte der Umzug nach Döhle, wo sie einen Stalltrakt von Andreas Dibowski gepachtet hat.

Die Leistung von Michel ist umso höher zu bewerten, als sich nach vielversprechender Finalqualifikation und Kleinem Finale doch einige der Fünfjährigen beim Geländefinale schwer taten. Von 19 Pferden wurden vier vorab zurückgezogen, drei Reiter gaben auf, eine Reiterin verzichtete auf die Wertung, ein Sturz endete glimpflich. „Wir haben viele gute, talentierte Pferde gesehen, für die die Aufgabenstellung aber an der oberen Grenze lag. Man merkte diesem Finale an, dass viele Kader- und Spitzenreiter mit ihrer Routine in der Vorbereitung und der Prüfung selbst in diesem Jahr in Warendorf fehlten“, erklärte Thies Kaspareit.

Auf dem Vizerang landete wie auch bei den Sechsjährigen Jens Hoffrogge, der bereits den dritten Nachkommen seiner ehemaligen Erfolgsstute Laroxa v. Larome aus der Zucht seines Vaters Hans Hoffrogge aus Dorsten vorstellte. Nach Rittersporn H und Ready to Do H, ebenfalls Finalisten der DKB-Bundeschampionate, war es nun der gekörte und leistungsgeprüfte Hengst Black Rock H v. Black Jack, der mit einer 7,4 aus der Dressur sowie einer 8,2 in Springen und Gelände die Silbermedaille davontrug. Besonders überzeugend war der Hengst in seiner Leistungsbereitschaft, für die ihm bereits bei seiner HLP eine glatte 10 attestiert worden war. Im Deckeinsatz ist Black Rock H allerdings nicht. "Hier konzentrieren uns auf unseren Vollblüter Asagao", erklärte Hans Hoffrogge. Dieser hätte sich dank hoher Noten ebenfalls für Warendorf empfohlen, war dort aber als reiner Vollblüter nicht startberechtigt. Die Beschränkung auf deutsche Pferde der Liste I hatte sich auch auf auf den Sieger der Finalqualifikation ausgewirkt. Jadore Moi (v. Conthargos), geritten von Sophie Leube (Fröndenberg), wurde als Liste II-Pferd nachträglich disqualifiziert. "Das ändert natürlich nichts an der Leistung des Pferdes und tut uns für Reiter und Besitzer sehr leid", sagte Turnierleiter Carsten Rotermund. 

Ebenfalls eine 8,2 im Gelände gab es für den fünfjährigen Caramio v. Canturo – Limbus (Züchter: Adelbert Sporn, Jardelundfeld, Besitzer: Hengststation Sollwitt GbR). Der dunkelbraune Wallach wurde wie der Sieger der Sechsjährigen von der schwedischen Bundeschampionats-Debütantin Moa Kulle vorgestellt. Besonders lobend hoben die Richter die energische und dennoch leichtfüßige Galoppade und die Ehrlichkeit des dunkelbraunen Wallachs hervor, auch wenn sie in der Rittigkeit noch einige Abzüge machten. So hatte es in der Dressur auch nur zu einer 6,8 gereicht, was Caramio jedoch mit einer guten Vorstellung im Parcours (8,5) wieder ausgleichen konnte.

Sieg für Detroit
Die ersten Schärpen in der Vielseitigkeit wurden traditionsgemäß bei den Ponys vergeben. Als neuer Bundeschampion glänzte der sechsjährige, in Schleswig-Holstein gezogene SF Detroit v. Denver, der sich im Vorfeld nicht nur für die Vielseitigkeit, sondern auch für den Start bei den Dressurponys qualifzieren konnte. Daher überraschte es wenig, dass der imposante Fuchshengst mit dem selbstbewussten Auftreten bereits in der Vielseitigkeits-Teilprüfung Dressur den Grundstein seines späteren Erfolgs legte. Mit den Noten 8,8 (Dressur) und 7,7 (Springen) startete SF Detroit als Führender ins Gelände. Dort entlockte er den Richtern Tonius Lehmkuhl und Dieter Hesselbach trotz einiger nicht ganz optimaler Sprünge aufgrund der überragenden Springmanier und der guten Rittigkeit die Note 9,0. SF Detroit stammt aus der Zucht von Gabriele Schmücker-Feld und ihrer Tochter Dorothea Feld, die bereits dessen Mutter Bellevue (v. Bolero) zwei Mal fürs Finale der Springponys empfehlen konnte. Bereits als Fohlen wurde Detroit an die Zuchtgemeinschaft Eichenhof Thomas und Sascha Göpfert (Lüdersburg) verkauft, blieb aber zur Aufzucht und Ausbildung bei Felds im Stall. Vorgestellt wurde er in Warendorf von Laura Lilienthal, die in diesem Jahr ihre erste Vielseitigkeitsprüfung bestritten hat und nach ihrem Sieg entsprechend überwältigt war. „Laura ist hier über sich selbst hinausgewachsen“, freute sich Schmücker-Feld für ihre Schülerin.

Den Höhepunkt in der Geländeprüfung setzte allerdings der ebenfalls sechsjährige, in Weser-Ems gezogene Camillo WE v. Cracker Jack – Brillant. „Camillo erfüllt alle herausragenden Merkmale eines guten Geländeponys“, lobte Thies Kaspareit den Fuchswallach, der sich im Gelände mit fleißigem Galopp, patent und mit viel Übersicht am Sprung präsentierte und dafür die Topnote 9,5 erhielt. Mit einer Dressurnote von 8,6 und einer Stilnote von 7,2 im Springen hätte es sogar zum Sieg gereicht, wenn da nicht der Fehler im Parcours gewesen wäre. So wurden Camillo WE und sein Reiter Konstantin Harting Zweite, im Vorjahr belegten sie noch Platz drei. Damals war Konstantin das Pony aus der Zucht von Aloys Meyer noch von seiner Besitzerin zur Verfügung gestellt worden war. Mittlerweile gehört Camillo WE jedoch zur Familie. Nach den DKB-Bundeschampionaten 2014 war Konstantins Großmutter Barbara Harting so begeistert, dass sie das Pony für ihre sieben Enkelkinder erwarb.

Auf dem dritten Platz landete die in Westfalen gezogene Stute Mama’s Liebling v. Mr Hale Bob, vorgestellt von Johanna Schulze Thier. Auch hier gab das Geländeergebnis von 8,9 den Ausschlag, so dass das Paar zu guter Letzt die Vorjahreszweiten Annika Schnüpke und Prinz S.W. hinter sich lassen konnte. „Ein tolles Geländepony mit einer tollen Einstellung“, sagte Thies Kaspareit nach Geländerunde. „Mama kann heute wirklich zufrieden sein“. „Mama“ ist in diesem Falle Züchterin und Besitzerin Elke Stegemann, die das Pony aus der nur 1,40 großen Bolero-Tochter Bonny gezogen hat. „Bonny war mein erstes Pony. Als Mr. Hale Bob verkauft wurde, wollten wir gerne eine Erinnerung haben“, erzählte Tochter Nina Stegemann, die mit dem Hengst 2008 Doppel-Europameisterin geworden war.

Insgesamt nahmen 20 Ponys an der Finalqualifikation teil, wobei lediglich ein Vorbeiläufer registriert werden musste. „Aus dem Vorbereitungslehrgang wusste ich bereits, dass wir dieses Jahr ein gutes Starterfeld haben werden“, sagte Fritz Lutter, Bundestrainer der Ponyvielseitigkeitsreiter. Seit einigen Jahren ist dieser Lehrgang für alle Teilnehmer Pflicht und hat für eine deutliche Verbesserung der gezeigten Leistungen geführt. Dazu trug ebenfalls bei, dass viele der Ponys durch aktive oder ehemalige Kaderreiter mit entsprechender Prüfungsroutine vorgestellt wurden. „Jetzt wünsche ich mir nur noch, dass wir möglichst viele dieser wirklich guten Ponys auch im Vielseitigkeitssport wiedersehen“, sagte Lutter. J. Kaup/Hb

Stand: 09.09.2015