Deutsche Reiterliche Vereinigung
31.08.2013 | 18:28 Uhr | Uta Helkenberg

EM Vielseitigkeit Malmö: Deutsches Team weiter auf Medaillenkurs

Jung strebt Titelverteidigung an

Malmö/SWE (fn-press). Deutschland ist bei den Vielseitigkeits-Europameisterschaften im schwedischen Malmö weiter auf Medaillenkurs vor Schweden und Frankreich. Für das deutsche Team blieb es nach der Geländeprüfung bei den 112,2 Minuspunkten aus der Dressur und auch Titelverteidiger Michael Jung konnte seine Pole Position halten. 

Die erlaubte Zeit von 10 Minuten und 30 Sekunden für die 5.985 Meter lange Geländestrecke zwischen dem Ribersborg-Strand und der Stadt Malmö war vor der Prüfung als „nur schwer erreichbar“ eingeschätzt worden. Doch schon das erste Paar, der deutsche Teamreiter Dirk Schrade (Sprockhövel) mit Hop and Skip, kam ohne jeden Strafpunkt ins Ziel. Am ersten Wasser wählte Schrade sogar auf Order der Trainer und an der vorletzten Kombination spontan die längere Alternative. „Ich war am Zehn-Minuten-Punkt 15 Sekunden unter der Zeit. Warum sollte ich da noch ein Risiko eingehen?“, sagte Schrade. Dennoch war er zu diesem Zeitpunkt skeptisch, ob viele seinem Beispiel folgen könnten. „Hop and Skip hat zwar eine etwas komische Art zu springen, aber er ist ein unheimlich schnelles Pferd“, sagte der 35-Jährige. Mit 44,2 Minuspunkten rückte er am Ende der Prüfung auf Platz zehn vor.

Doch Schrades Ritt motivierte. Insgesamt kamen am Ende 20 Paare ohne Hindernis- und Zeitstrafpunkte ins Ziel. Darunter auch seine Teamkollegen. Ingrid Klimke (Münster) beendete den Kurs in der Zeit, obwohl FRH Escada JS unterwegs ein Eisen verloren hatte. „Sie ist ein echtes Ausnahmepferd. Sie hat hier bewiesen, dass sie ein Championatspferd ist“, sagte die Münsteranerin, die als Glücksbringer die Schweifhaare ihrer beiden anderen Toppferde FRH Butts Abraxxas (zum Armband geflochten) und Sleep Late (in Form einer Halskette) bei sich trug. Mit den 39,4 Minuspunkten aus der Dressur liegt sie nach wie vor dem auf dem vierten Platz in der Einzelwertung.

Seine 48,0 Minuspunkte konnte sich auch der dritte deutsche Teamreiter, Andreas Dibowski (Döhle), erhalten und rangiert damit auf Platz 16). „Ich bin selbst überrascht, wie schnell der Kurs war, selbst wenn man den langen Weg am Wasser einkalkuliert“, sagte „Dibo, der mit FRH Butts Avedon ebenfalls ein neues Pferd bei der EM am Start hat. Mit seinem Olympiapferd von 2008, Leon, fehlte ihm die notwendige Qualifikation, er soll nun am kommenden Wochenende beim CCI4* Burghley starten.

Nachdem sowohl die ersten drei deutschen Paare als auch die schwedischen Reiter ihr Dressurergebnis nach Hause gebracht hatten, lag es an beiden Schlussreitern, das Ergebnis für ihre Mannschaften zu sichern. Als Titelverteidiger Michael Jung (Horb) mit Halunke FBW auf die Strecke ging, fing es stark an zu regnen. „Alles war glatt und glitschig, der Sattel und die Zügel“, sagte Jung. Auch sein Pferd schien den Regen nicht zu schätzen, schüttelte immer wieder unwillig mit dem Kopf. „An den Sprüngen war er aber immer voll konzentriert“, sagte Jung. Auf halber Strecke habe er es aber beinahe aufgegeben, noch in der erlaubten Zeit ins Ziel zu kommen. „Doch dann holte Halunke immer mehr auf, fand einen guten Rhythmus und genau am Zehn-Minuten-Punkt waren wir wieder in der Zeit“, so Jung. In 10 Minuten und 27 Sekunden waren sie zuhause. Damit blieb es bei 28,6 Minuspunkten und Platz eins für den schwäbischen Multi-Champion.

Zwei Abwürfe trennen Jung vor dem Springen von William Fox-Pitt. Der Brite kam mit seinem Hengst Chilli Morning, einem Deutschen Sportpferd (v. Phantomic), ebenfalls strafpunktfrei ins Ziel (32,6) und liegt damit weiter auf Platz zwei der Einzelwertung. Etwas enttäuscht war das Aushängeschild der britischen Vielseitigkeit aber dennoch, denn für das britische Team endete der Kampf um  die Medaillen frühzeitig. Pippa Funnell, die einzige Reiterin der einst der Grand Slam der Vielseitigkeit (der Sieg in Badminton, Burghley und Lexington in Folge) gelang, hatte einen Vorbeiläufer an Hindernis 22b, einer hangabwärts stehenden Ecke. Lucy Wiegersma musste nach einem Sturz an den Booten (Hindernis acht) sogar ausscheiden. Lediglich Kristina Cook kam mit Miners Frolic wie Fox-Pitt problemlos ins Ziel. Damit fiel das britische Team auf Platz sechs zurück und machte den Weg frei für die Franzosen, die mit 135,4 Minuspunkten auf Rang drei vorrückten.

Das Team des Gastgebers Schweden erwies sich dagegen im Gelände genau so stark wie am Tag zuvor in der Dressur. Lediglich einen Zeitstrafpunkt brachte Ludwig Svennerstal mit Shamwari aus dem Gelände mit, womit er selbst nach wie vor auf Platz drei rangiert (38,0). Das schwedische Team nimmt 120,6 Minuspunkte ins Springen und liegt damit weiter auf Silberkurs. „Wir sind die neue Generation schwedischer Reiter“, sagte Svennerstal. Seine Teamkollegin Frida Andersen war es übrigens, die den schnellsten Ritt des Tages vorlegte. Mit der selbst gezogenen Stute Herta benötigte sie lediglich 9 Minuten 59 Sekunden für den von dem Deutschen Rüdiger Schwarz gebauten Kurs – und das obwohl sie mit schlackerndem Stiefelschaft reiten musste. Der Reißverschluss eines der von Teamkollegin Sara Algotsson-Ostholt ausgeliehenen Stiefel war bereits an Hindernis drei aufgegangen.

In den Top Ten konnte sich nach Dressur und Gelände Einzelreiter Peter Thomsen behaupten. Er kassierte lediglich zwei Zeitstrafpunkte und liegt mit 42,6 Minuspunkten auf Platz acht. „Alles perfekt. Die letzten fünf Sekunden hätte ich mir auch noch sparen können. Das Pferd ist normalerweise schnell genug“, sagte Peter Thomsen (Lindewitt). In seiner Entscheidung, statt seines Olympiapferdes Barny die Holsteiner Stute Horseware’s Cayenne zu satteln, sah er sich bestätigt. „Der Kurs liegt ihr einfach. Wir sind gut drauf und es kommen ja auch noch die Verfassungsprüfung und das Springen.“

Ebenfalls fünf Sekunden zu langsam kam der Youngster Benjamin Winter (Warendorf) ins Ziel. Sein westfälischer Halbblüter Ispo erwies sich einmal mehr als klein, aber oho. „Er kann einfach springen, darauf kann ich mich verlassen. Und er hat großes Vertrauen zu mir“, sagte Winter, der mit 50,2 Minuspunkten den 19. Platz im Zwischenstand belegt.

„Gestern war schon ein toller Tag und heute waren alle deutschen Teamreiter fehlerfrei und gut in der Zeit, die Einzelreiter nur fünf Sekunden darüber. Aber die Vielseitigkeit ist eine Drei-Tages-Prüfung. Es ist gut die Nase vorn zu haben, aber die Prüfung ist erst nach dem Springen vorbei“, sagte Bundestrainer Hans Melzer. 

Stand: 31.08.2013