Deutsche Reiterliche Vereinigung
23.08.2015 | 21:30 Uhr | fn-press

EM Aachen: Gold für Neuss, Silber für Knauf

Deutsche Voltigierer sorgen für zwei weitere Medaillen

Aachen (fn-press). Gold und Silber für die deutschen Voltigierer am Abschlusstag der Europameisterschaften in Aachen: Das Team Neuss-Grimlinghausen gewann Gold im Mannschaftswettbewerb. Corinna Knauf (Köln) holte Silber bei den Damen.

Die Mission Titelverteidigung ist geglückt: Die Voltigierer vom RSV Neuss-Grimlinghausen – Julia Dammer, Janika Derks, Leonie Falkenberg, Johannes Kay, Mona Pavetic und Pauline Riedl – haben bei den Europameisterschaften in Aachen die Goldmedaille gewonnen. In der finalen Kür mussten sich die Favoriten mit ihrer Hannoveraner-Fuchsstute Delia FRH zwar mit 8,863 Punkten knapp der französischen Equipe geschlagen geben (8,877). Im Gesamtranking sicherte sich die Mannschaft von Trainerin und Longenführerin Jessica Lichtenberg aber souverän das edelste aller Edelmetalle. Mit 8,597 Punkten nach drei Umläufen distanzierten die Rheinländer deutlich die Mannschaften aus der Schweiz (8,104) sowie Frankreich (8,062) und Österreich (7,847).

Das Bundestrainergespann, die Physiotherapeuten, die Pferdepfleger und die mitgereisten Fans – alle fieberten mit, als die Mannschaft vom Nixhof zur letzten der drei Umläufe in den Zirkel im mit 6.500 Zuschauern vollbesetzten Deutsche-Bank-Stadion einlief. Begleitet von zahlreichen Kamerateams lastete der Druck eindeutig auf den Schultern der amtierenden Welt- und Europameister. Zum Schrecken der heimischen Fanscharen unterliefen den Neussern in ihrer vierminütigen Choreografie, die sie noch am Freitag nahezu in Perfektion gezeigt hatten, gleich mehrere Patzer. Zunächst konnte Janika Derks einen Flic Flac nicht sicher landen und verzeichnete die erste Bodenberührung. Wenig später musste auch Pauline Riedl bei einem Abgang in den Sand greifen, was erneuten Abzug vom sechsköpfigen Richterkollegium mit sich brachte. Im dritten Dreierblock der Kür rutschte Leonie Falkenberg dann bei einem einbeinigen Stehen auf der Schulter von Janika Derks unglücklich ab und musste das Pferd unfreiwillig verlassen. Die Truppe reagierte jedoch höchst professionell – turnte weiter, als ob nicht gewesen wäre. Wenig später funktioniert dann noch eine Doppel-Kombination von Johannes Kay und Julia Dammer nicht zu einhundert Prozent wie geplant. Ein Highlight des Schlussteils – ein geworfener und wieder aufgefangener Vorwärts-Salto von Mona Pavetic – konnte Kay gerade noch sichern. Obwohl der Rest der Darbietung, in der die Neusser die Landung auf der Erde interpretieren, sehr emotional und auf den Punkt geturnt war, sah man den Teammitgliedern die Enttäuschung beim Auslauf deutlich an. „Ich habe nach jedem kleinen Fehler mitgerechnet, ob es noch reichen kann. Ich war mir am Ende nicht mehr ganz sicher“, erzählte Bundestrainerin Ulla Ramge.

Während der Ergebnisbekanntgabe standen die Neusser dann in der Kiss-and Cry-Area – die Zuschauer heiterten die beste deutsche Mannschaft mit anhaltenden Jubelrufen und Laola-Wellen auf. Beeindruckend: Die deutschen Fans hatten sich im Vorfeld über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter auf einen „Dresscode“ geeinigt. Der lautete: schwarz (Nordtribüne), rot (West) gold (Süd). Die Noten offenbarten schließlich Rang eins. Doch da die Schweizer aufgrund der Auslosung der Startreihenfolge erst nach den Deutschen antraten, musste die Mannschaft noch zittern – ehe sie in Jubel ausbrach.

Ob der Druck angesichts der Patzer am Ende zu groß war, wurde Coach Lichtenberg bei der Pressekonferenz von den Journalisten gefragt. „Nein, wir fühlten uns eher beflügelt von der Atmosphäre. Man muss aber auch sagen, dass das Niveau im Voltigiersport in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Die Elemente werden immer schwerer. Da passieren leider auch mal Fehler.“ Gewünscht hatte sich die 34-Jährige ein Traumfinale. „Der Tag heute war aber leider nicht so großartig.“

Für Bundestrainerin Ramge (Warendorf) lag ein „unglaubliches Knistern in der Luft“. Und damit mussten alle Mannschaften umgehen. Zum Glück der Neusser kamen auch die stärksten Konkurrenz-Teams mit der unglaublich brenzligen Situation nicht zurecht. Allen drei Equipes, die auf den Medaillenrängen in das Kürfinale gegangen waren, unterliefen Fehler, Stürze und Wackler. Besonders hart traf es die Österreicher vom Verein Wildegg, die lediglich 7,669 Zähler kassierten und vom Bronzerang auf Platz vier rutschten. Auch Lütisburg, der bis dato stärkste Gegner, hatte mehrere Totalausfälle und ging mit einer enttäuschenden Wertung von 7,964 aus dem Showdown. „Eigentlich können meine Voltigierer diese Kür auf einem Esel turnen. Unser Pferd Will be Good lief gut, aber es hat doch nicht geklappt. Wir haben auch noch keine Erklärung, warum“, kommentierte Trainerin Monika Winkler-Bischofsberger. Nur knapp konnten die Eidgenossen die Silbermedaille halten. Sieger des Tages waren die Franzosen, die mit ihrer „Ice World-Kür“ nicht nur den Sieg des Kürumlaufs, sondern auch wie schon bei den Weltreiterspielen in Caen Bronze eroberten. „Aachen ist einfach das schönsten Turnier der Welt“, sagte Trainer Fabrice Holzberger. Dem pflichtete auch Lichtenberg bei, die mit ihrer Truppe die dritte Championtsmedaille in Folge geholt hatte: „Wir lieben dieses Stadion. Gerade nach den Weltreiterspielen 2006 war es noch einmal ein besonders emotionales Highlight, hier zu starten.“

Ihr erste Medaille für Deutschland holte Corinna Knauf. Die 22-Jährige ging mit ihrer Schwester und Longenführerin Alexandra Knauf als eindeutige Kürsiegerin aus diesem Championat hervor. Als französische Nationalheldin Jeanne d’Arc überzeugte sie Richter und Publikum gleichermaßen. Und auch die Pflicht hatte das Gespann vom Voltigierverein Köln-Dünnwald zum Auftakt für sich entschieden. Damit triumphierte die auszubildende zahnmedizinische Assistentin in drei von vier Durchgängen. Lediglich der fünfte Platz im Technikprogramm hinderte die Rheinländer mit ihrer Stute Fabiola am Titelgewinn. Enttäuscht war Knauf aber nicht. „Für mich ist hier definitiv ein Traum in Erfüllung gegangen.“

Den Sieg holte die 29-jährige Simone Jäiser. Die Schweizerin lag in der Endabrechnung bei 8,321 Punkten. Knauf folgte mit 8,28. Rang drei ging an die amtierende Weltcup-Siegerin Lisa Wild (8,207) aus Österreich. Die weiteren deutschen Vertreterinnen komplettierten das starke Abschneiden der deutschen Equipe: Christine Kuhirt aus Haan landete auf dem Rücken von Fuzzy (Longe: Stefan Lotzmann) mit 8,109 Punkten auf Platz vier. Kristina Boe aus Hamburg voltigierte mit Highlander (Winnie Schlüter) auf Rang sieben und kam im Kürfinale auf Rang vier.

Gestern hatten Jannis Drewell (Steinhagen), Thomas Brüsewitz und Viktor Brüsewitz (Garbsen) alle drei Herren-Medaillen für Deutschland abgestaubt. Die Kölner Pia Engelberty und Torben Jacobs holten zudem Silber im Pas-de-Deux. Damit lautet die Bilanz der Voltigierer: Zweimal Gold, dreimal Silber, einmal Bronze – Deutschland ist die erfolgreichste Nation dieser Voltigier-EM. FN/Daniel Kaiser

Stand: 15.06.2016