Deutsche Reiterliche Vereinigung
09.07.2016 | 19:00 Uhr | Uta Helkenberg

Aachen: Drei Siege für deutsche Voltigierer

VV Köln-Dünnwald, Brüsewitz und Boe setzen sich durch

Aachen (fn-press). Die ersten Entscheidungen beim CHIO Aachen 2016 sind gefallen. Im Voltigieren, der ersten von fünf in der Soers ausgetragenen Disziplinen, trugen sich mit dem Team VV Köln-Dünnwald I, Kristina Boe (Hamburg) und Thomas Brüsewitz (Garbsen) deutsche Teilnehmer in die Siegerliste ein.

Ende gut, alles gut, hieß es in der Teamkonkurrenz. Mit einem Gesamtergebnis von 7,862 Punkten verwies das Team Köln-Dünnwald I die Mannschaften aus Österreich (7,709), Italien (7,553) und Frankreich (8,142) auf die Plätze. „Wir sind natürlich happy, hier in Aachen zu gewinnen“, sagte Longenführer Patric Looser, der selbst 2011 Sieger im Einzelvoltigieren war. Ganz reibungslos lief es aber auch für sein hochkarätig besetztes Team in der Kür nicht. Josef Hahner, der erst kürzlich für den verletzten Justin van Gerven eingesprungen war, verlor den Kontakt zum Griff, was zu einem Beinahe-Abgang von Jonna Hohbach führte. Sie landete auf dem Pferdehals, kam noch sicher auf die Erde, dennoch kostete das Versehen wertvolle Punkte. „Das war natürlich ein grober Patzer, aber danach haben sich alles schnell wieder gefangen“, sagte Looser. Ein gutes Bild gab auch die zweite Mannschaft des VV Köln-Dünnwald mit Holiday On Ice E an der Longe von Alexandra Knauf ab. Ihre Leistung war umso höher zu bewerten, als die endgültige Aufstellung mit Viktor Brüsewitz in „tragender“ Funktion erst drei Tage vor Wettkampfbeginn feststand. Trotz der geringen Vorbereitungszeit erzielte das Team insgesamt 7,872 Punkte und belegte damit Platz fünf.

Erster Aachen-Sieg für Kristina Boe
„Das ist einfach unbeschreiblich!“, sagte Kristina Boe, die ihren Erfolg selbst kaum glauben konnte. „Aachen ist das Highlight des Jahres, mit nichts anderem vergleichbar“, strahlte sie. Dank ihrer mit Höchstschwierigkeiten gespickten „Zombie-Kür“ sicherte sich die Unfallchirurgin, die in diesem Jahr bereits Zweite im Weltcup-Finale war, mit insgesamt 8,108 Punkten nicht nur den Kür- sondern auch den Gesamtsieg. „Das war eine großartige und vor allem konstante Leistung über drei Runden. Die Kür war ein Feuerwerk an Schwierigkeiten, die sie mit Bravour gemeistert hat“, lobte Bundestrainerin Ulla Ramge die Siegerin, die sich in Aachen mit Don de La Mar (Longenführerin Winnie Schlüter) präsentierte. Der Vorsprung hätte allerdings kaum knapper ausfallen können. Gerade einmal ein Tausendstel Punkte trennten Boe am Ende von Janika Derks aus Dormagen, die nach Pflicht und Technikprogramm noch in Führung gelegen hatte. „Janika hat eine starke, akrobatische und ausdrucksstarke Kür gezeigt, hatte aber bei ihrem Abgang leider Bodenberührung“, sagt Ramge. Ein „mittlerer Fehler“, der dennoch ein bis drei Plätze kosten kann, wie die Bundestrainerin erklärte. So erging es auch Janika Derks, die mit einem Endstand von 8,107 Punkten den zweiten Platz belegte. Kleine Wackler hatte auch die Kölner Vizeeuropameisterin Corinna Knauf, die mit Fabiola (Longenführerin Alexandra Knauf) in ihrer „Evita“-Kür. Sie musste damit neben Boe und Derks auch Vizeweltmeisterin Anna Cavallaro aus Italien den Vortritt lassen und wurde mit 7,868 Punkten Vierte. Wegen ihres Rückstands aus dem Technikprogramm kam die vierte deutsche Starterin, Sarah Kay (Sörup), mit 7,492 Punkten nicht über Platz zehn in der Gesamtwertung hinaus.

Zweifacher Triumph für Thomas Brüsewitz
„Ich war so aufgeregt, wie noch nie in meinem Leben zuvor“, sagte Thomas Brüsewitz kopfschüttelnd nach seinem Sieg in der Herrenkonkurrenz und ergänzte: „Ich freue mich unglaublich für mein Pferd.“ Seit vergangenem September ist der zehnjährige Wallach Bigstar, longiert von Irina Lenkeit, sein Sportpartner, mit dem er seinen ersten Einzel-Sieg in Aachen feieren konnte. Denn zuvor hatte der Vizeeuropameister schon zum Sieg des Teams Köln Dünnwald I beigetragen. Ausschlaggebend für Brüsewitz‘ Erfolg war die Kür, mit der er den nach Pflicht und Technikprogramm führenden Jannik Heiland von der Spitze verdrängte. Der ehemalige Junioreneuropameister aus Seevetal, der in Kirchwerder bei Winnie Schlüter trainiert, hatte das Pech, dass sein Pferd Highlander während der Kür immer schneller wurde. „Man merkte allen drei deutschen Herren an, wie sehr sie unter Druck stehen. Das überträgt sich natürlich auch aufs Pferd. Jannik hat das alles noch gut gelöst“, sagte Bundestrainerin Ulla Ramge. Mit 7,707 Punkten landete Heiland immerhin noch auf Platz fünf. Daniel Kaiser (Delitzsch) wurde mit 7,757 Punkten Vierter. Auch der Weltcupsieger hatte in seiner Houdini-Kür alles auf eine Karte gesetzt, war einmal abgerutscht und hatte dadurch wertvolle Punkte verloren. Vom Lampenfieber der deutschen Favoriten profitierte sowohl der Österreicher Stefan Csandl, der mit 7,983 Punkten Platz zwei belegte, als auch der Weltcup-Dritte Vincent Haennel aus Frankreich, der mit 7,908 Punkten auch in Aachen Platz drei belegte.

Pas de Deux: Österreichische Führung nach erstem Kürdurchgang
Ihren ersten Auftritt hatten heute die Doppelvoltigierer. „Es ist schon irre, wie sich dieser Sport in den letzten Jahren weiterentwickelt hat“, sagte Bundestrainerin Ulla Ramge. So sieht das auch Torben Jacobs „Mit unserer Kür von damals würden wir heute keinen Blumentopf mehr ernten“, sagte der Weltcupsieger, der gemeinsam mit Theresa-Sophie Bresch bereits 2011 den EM-Titel gewinnen konnte. Zwischenzeitlich voltigierte er allerdings mit Pia Engelberty, wurde mit ihr Vizeeuropameister und Weltcupsieger. "Wir haben erst im Februar wieder angefangen zu trainieren. Das Jahr 2016 sollte eigentlich nur Vorbereitung auf 2017 sein“, sagte Bresch. Nach einem erfolgreichen Auftritt beim CVI Bern kam dann kurzfristig die Startgenehmigung für Aachen. „Unter diesen Umständen sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Natürlich gibt es noch ein paar Kleinigkeiten, die wir besser können“, sagte die Lehramtsstudentin aus Heidelberg. Mit 8,046 Punkten belegt das Duo nach der ersten Wertungsprüfung Platz drei hinter den Österreichern Thiel/Csandl mit 8,883 Punkten und Millinger/Freund mit 8,285 Punkten. Auf Platz fünf landeten „Romeo und Julia" – Timo Gerdes und Jolina Ossenberg-Engels aus Altena –, die von Nina Vorberg an der Longe von Draoger OE vorgestellt wurden. „Das war für mich die ausdrucksstärkste Kür heute. Ich weiß nicht, was man da noch hätte besser machen sollte“, sagte Bundestrainerin Ulla Ramge etwas enttäuscht über das Ergebnis von 7,932 Punkten. Auch die ebenfalls noch sehr junge Kombination Johannes Kay und Janika Derks blieb in der ersten Wertungsprüfung noch etwas unter ihren Möglichkeiten. „Der Flow hat sich noch nicht so eingestellt, die Übergänge hätten noch weicher sein können“, sagte Johannes Kay selbstkritisch, während die Bundestrainerin lobte: „Das war sportlich die anspruchsvollste Kür, die ich hier gesehen habe.“ Mit 7,793 Punkten startet das Duo morgen von Platz sechs. Hb

Stand: 21.08.2016