Deutsche Reiterliche Vereinigung
22.08.2019 | 10:00 Uhr | Adelheid Borchardt

Bundeschampionate 2019: "Die jungen Pferde sollen hier gute Erfahrungen machen"

Interview mit Turnierleiter Markus Scharmann

Warendorf (fn-press). Wenn vom 4. bis 8. September die Bundeschampionate ihre 26. Auflage in Warendorf erleben, dann feiert Markus Scharmann Premiere. Als neuer Turnierleiter. Der 43-jährige Diplom-Trainer und Pferdewirtschaftsmeister aus Ennigerloh ist seit Anfang des Jahres Leiter des Bundesstützpunkts Reiten des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) in Warendorf. FN-Aktuell hat mit dem „Neuen“ über die Vorbereitung und Neuerungen für die Bundeschampionate gesprochen.

FN-aktuell: Wie ist Ihre Verbindung zu den Bundeschampionaten? Wie hast Du sie kennengelernt?
Markus Scharmann: "Mein erstes Bundeschampionat habe ich im Alter von zehn Jahren in meinem Reitverein Vornholz erlebt, dort fand 1986 das Bundeschampionat des deutschen Springpferdes statt. Dann ging es weiter ab 1996, da waren die Bundeschampionate in allen Disziplinen schon fest in Warendorf. Ich war als Helfer auf dem Springplatz eingesetzt. Dreimal habe ich auch als Reiter teilgenommen, bei den fünf- und sechsjährigen Springpferden. In den letzten Jahren war ich vor allem als Jurymitglied im BMEL-Tierschutzpreis auf dem Vorbereitungsplatz Springen dabei. Und ich habe den J.J.Darboven-Traineecup im Hintergrund betreut. Ich kenne das Bundeschampionat also schon seit rund 30 Jahren – als Zuschauer, Helfer und Reiter. Für mich ist das Bundeschampionat nach wie vor etwas Besonderes. Ich bin noch immer bundeschampionatsbegeistert."

FN-aktuell: Als Turnierleiter sind Sie auch in die Vorbereitung eingebunden. Wie läuft die Vorbereitung?
Scharmann: „Die läuft sehr selbständig. Ich habe das Glück, dass im Veranstaltungsbüro ein sehr eingespieltes und erfahrenes Team arbeitet. Das macht es mir als neuer Turnierleiter sehr leicht.“

FN-aktuell: Was hat Sie überrascht?
Scharmann: „Überrascht ist das falsche Wort. Es ist eher eine Erkenntnis. Es müssen in der Vorbereitung sehr viele Entscheidungen getroffen werden. Gleichzeitig muss man aber auch einen Blick für die Konsequenzen haben und sich darum kümmern, wie man die von diesen Entscheidungen Betroffenen mitnimmt. Dazu braucht es zum einen klare und nachvollziehbare Kriterien, zum anderen muss man Lösungen und Entscheidungen gemeinsam erarbeiten. Grundsätzlich machen wir das nach besten Wissen und Gewissen. Und obwohl das Veranstaltungs-Team große Erfahrung und Routine hat, ist es nicht eingefahren. Im Gegenteil. Die Mitarbeiter suchen selbst nach Verbesserungen. Und natürlich sind wir alle offen für Kritik und Veränderungen.“

FN-aktuell: Gibt es denn schon Neuerungen und wenn ja, welche?
Scharmann: „Wir werden die Unterbringung der Pferde verändern. Die Bundeschampionate sind als Schaufenster der Deutschen Pferdezucht eine Veranstaltung für junge Pferde. Diese müssen gute Erfahrungen machen. Alles, was wir als Veranstalter dazu beitragen können, tragen wir bei. Wir können zum Beispiel die Unterbringung und das Ambiente für die Pferde verbessern. Deshalb werden wir die 59 festen Boxen auf der Anlage des Bundestützpunktes Reiten den jüngsten, den dreijährigen Hengsten, Stuten und Wallachen zur Verfügung stellen. Noch freie Boxen werden dann mit den vierjährigen Hengsten aufgefüllt. Die Reitpferde werden also nicht mehr wie vorher in den Stallzelten auf dem Heueracker untergebracht. Wir sind aber auch flexibel. Manche Reiter kommen mit mehreren, drei- bis sechsjährigen Pferden. Wenn es gewünscht ist, können die Pferde, die sich kennen, dann auch zusammen stehen. Wir wollen für jeden die passendsten Bedingungen herstellen.
Weiter werden wir die Stallzelte verkleinern. Also mehr Stallzelte, aber weniger Boxen pro Zelt. Statt 40 gibt es nur noch 32 bis 24 Boxen pro Zelt. Das bringt mehr Ruhe und Luft ins einzelne Stallzelt. Zudem haben wir dadurch mehr Eckboxen für Hengste.
Dann haben wir zusammen mit dem Zeltbauer einen Prototypen entwickelt, mit dem man bei Bedarf die Trennwand zwischen Boxen bis zur Decke schließen kann, um sehr unruhige Pferde abzutrennen. Wir wollen so auch hier Störfaktoren vermeiden. Jedenfalls werden wir das dieses Jahr testen.
Und zu guter Letzt: Wir werden die Stewards sichtbar machen, für die Reiter, aber auch für die Zuschauer. So soll für Besucher transparent und erkennbar werden, was ein Steward macht - zum Beispiel die Ausrüstungskontrolle – und welche Arbeit er leistet.“

FN-aktuell: Haben Sie ein eigenes Motto als Turnierleiter für Bundeschampionate?
Scharmann: "Ich würde das bestehende Motto 'Jedes Jahr ein wenig besser' ergänzen wollen um: 'Es gibt keine Probleme, nur Lösungen'."

FN-aktuell: Was sind die größten Herausforderungen für Sie?
Scharmann: "Es gibt die Bundeschampionate nur wegen der Pferde. Die Pferde stehen im Mittelpunkt. Ich möchte, dass die jungen Pferde, die in den Sport hineinwachsen, diese Veranstaltung mit einem guten Erlebnis verlassen. Deshalb steht für mich die Frage im Vordergrund, wie wir die Veranstaltung so gestalten, dass die jungen Nachwuchspferde mit einem positiven Lerneffekt nach Hause fahren. Dazu gehört auch die Frage, ob die sportlichen Anforderungen – wie die Dressuraufgaben oder die Hindernisstrecken – an das junge Pferd richtig sind. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wenn sich Pferde und Reiter hier wohl fühlen, werden auch in Zukunft möglichst viele qualifizierte Pferde zu den Bundeschampionaten genannt. Das ist auch unser Rezept gegen sinkende Pferdezahlen.“
Das Interview führte Adelheid Borchardt.

Alle Informationen rund um die Bundeschampionate in Warendorf gibt es unter www.bundeschampionate.tv.

Stand: 03.09.2019