Deutsche Reiterliche Vereinigung

Schutz vor sexualisierter Gewalt

Beratungshotline, Hilfe-Portal und BetroffenenRat

200.000 – so viele Menschen sind von sexualisierter Gewalt im Breitensport betroffen. Das ergab 2020 eine Studie der Uniklinik Ulm. Und das Forschungsprojekt „Safe Sport“ fand 2017 bei einer Befragung von 1.800 Leistungssportlern und -sportlerinnen heraus, dass mehr als ein Drittel sexuelle Übergriffe erlebt hat. Die Zahlen sprechen für sich. Der Pferdesport ist nicht ausgenommen. Die körperliche und emotionale Nähe, die im Sport entstehen kann, birgt Gefahren sexualisierter Übergriffe. Eine Kultur der Aufmerksamkeit und des Handelns Verantwortlicher muss dazu beitragen, Betroffene zum Reden zu ermutigen, potentielle Täter abzuschrecken und ein Klima zu schaffen, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Sport vor sexualisierter Gewalt schützt.

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch

Beratung durch pädagogisch/psychologisch ausgebildete Fachkräfte gibt es kostenfrei und anonym bei N.I.N.A. - telefonisch unter 0800 22 55 530 oder per E-Mail unter mail@nina-info.de. Die Beratungszeiten sind montags, mittwochs und freitags von 9 bis 14 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 15 bis 20 Uhr.

Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch

Im Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch sind über eine Datenbank Hilfeangebote wie Beratungsstellen, Notdienste, therapeutische und rechtliche Angebote in Wohnortnähe zu finden. Außerdem bietet das Portal eine datensichere Online-Beratung.

Was ist sexualisierte Gewalt? Wo fängt sexualisierte Gewalt an?

Der Begriff sexualisierte Gewalt umfasst Formen von Gewalt und Machtausübung, die durch sexuelle Handlungen zum Ausdruck gebracht werden. Sexualisierte Gewalt kann verbaler und/oder körperlicher Art sein und erfolgt gegen den Willen der Betroffenen. Zu sexualisierter Gewalt zählen z.B.:

  • anzügliche Blicke
  • herabwürdigende Kommentare
  • unangenehme Berührungen
  • Briefe, E-Mails oder Nachrichten mit sexuellem Inhalt
  • exhibitionistische Handlungen
  • sexuelle Nötigung
  • Vergewaltigung

Wie gehen Täter vor?

Täter und Täterinnen gehen oft bewusst planvoll vor, sodass man von „Täterstrategien“ spricht.

  • Sie überlegen, wo sie Zugriff auf Kinder und Jugendliche haben oder bereits Vertrauen oder Bewunderung genießen.
  • Sie suchen bewusst nach Personen, zu denen sie einfach Kontakt aufnehmen können. Das sind zum Beispiel Kinder, die sich alleine fühlen, die nicht genügend Anerkennung von ihren Eltern bekommen oder die gerade eine schwierige Zeit durchleben.
  • Sie zeigen Interesse und bauen nach und nach eine Beziehung und emotionale Bindung auf.
  • Grenzüberschreitungen erfolgen meist schrittweise: Nach ersten sexistischen Kommentaren warten die Täter die Reaktionen ab. Hilfestellungen und Berührungen beim Sport dauern zu lange. Die Übergänge bis hin zu einer sexuellen Gewalthandlung sind schleichend.

Im Film spricht Diplom-Psychologin Julia von Weiler über die geschickten, manipulativen Vorgehensweisen der Täter. Die Expertin erklärt, wie es dazu kommt, dass Täter erfolgreich sind, obwohl es zu offensichtlichen Übergriffen kommt: Der sexistische Spruch, dem keiner widerspricht. Die zu lange Berührung, die keiner anspricht. Das verschämte Wegschauen. Das zu lange Schweigen. Mangelnde Courage, die den Täter stärkt und die Betroffenen schwächt.

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Der FN-BetroffenenRat 

Die FN hat als erster Sportverband einen BetroffenenRat zum Thema Sexualisierte Gewalt im Pferdesport eingerichtet. Im August 2021 fand die konstituierende Sitzung des BetroffenenRates in Warendorf statt. Der Betroffenenrat setzt sich zusammen aus Menschen, die selbst Erfahrung mit sexualisierter Gewalt oder Belästigung gemacht haben bzw. die sich für das Thema Prävention gegen sexualisierte Gewalt engagieren möchten. Der BetroffenenRat besteht aus zehn Erwachsenen unterschiedlicher Altersstufen und Geschlechter. Die Mitglieder des Betroffenenrates bleiben zunächst anonym. Bis dahin steht die FN für Anfragen zur Verfügung. Die Arbeit wird unterstützt und begleitet von der Geschäftsstelle der FN. Auswahl und Arbeit dieses Gremiums werden ebenfalls von Julia von Weiler, Geschäftsführerin von innocence in danger e.V., unterstützt. „Ich unterstütze die FN sehr gerne bei diesem wichtigen Vorhaben. Sie ist der erste Sportfachverband, der diesen Schritt geht. Ich hoffe, andere Sportverbände nehmen sich ein Beispiel. Der Blick Betroffener ist enorm wichtig“, so von Weiler.

Was sind die Ziele des BetroffenenRates?
Der Schutz und die Unterstützung von Betroffenen stehen im Mittelpunkt der Arbeit des BetroffenenRates. Die Mitglieder wollen Ursachen, Folgen, Ausmaß und Dunkelziffer von sexualisierter Gewalt gegen sämtliche Personen im Pferdesport in den Fokus nehmen.
Ziel des BetroffenenRates ist es, dass sich Betroffene von sexualisierter Gewalt vertrauensvoll und mutig an die FN wenden, um Hilfe und Verständnis zu erhalten. Die Mitglieder wollen erreichen, dass Vereine, Pferdebetriebe, Turniere, Lehrgänge etc. sichere Orte für Pferdesportler*innen jeglichen Geschlechts und jeglichen Alters sind. Das gesamte Pferdesport-Umfeld muss ein Ort sein, der Schutz bietet und stark macht gegen jede Form von Gewalt und Diskriminierung. Der BetroffenenRat möchte eine Brücke zwischen FN und Betroffenen bauen und damit Vorbild für andere Organisationen sein.

Wie arbeitet der BetroffenenRat?
Der BetroffenenRat sucht den Dialog mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und ist ein beratendes Gremium für die FN. Er begleitet den Verband bei der Prävention, Intervention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Pferdesport. Außerdem positioniert sich der BetroffenenRat zu den Vorhaben der FN und unterbreitet eigene Vorschläge, um Sichtweisen von Betroffenen deutlich zu machen und Betroffene einzubinden. Die Mitglieder des BetroffenenRates pflegen einen kontinuierlichen Austausch mit der Geschäftsstelle der FN. Sie wollen Entscheidungen transparent machen, aktuelle Themen aufgreifen, sich politisch einmischen, Informationen weitergeben und verbreiten.

Wie will der Betroffenenrat wahrgenommen werden?
Der BetroffenenRat möchte als eine Stimme der Betroffenen in der FN wahrgenommen werden. Die Mitglieder wollen Vorbild als Betroffene und Überlebende sexualisierter Gewalt sein. Die Mitglieder des BetroffenenRates sehen sich nicht als Opfer sondern als Menschen, die mit ihrer Stärke und Überlebenskraft anderen Betroffenen Mut machen wollen. Gleichzeitig möchte sich der BetroffenenRat als kritische und unbequeme Stimme innerhalb der FN etablieren und den Finger in offene Wunden des Verbandes legen.

Warum braucht es einen BetroffenenRat?
Opfer sexueller Gewalt zu werden, gehört zum Alltagsrisiko für Kinder und Jugendliche in Deutschland, auch im Pferdesport. Der BetroffenenRat will Betroffene stärken und schützen, Täterinnen und Täter stoppen und das Umfeld auffordern sich einzumischen.

An wen wendet sich der BetroffenenRat?
Der BetroffenenRat wendet sich an die allgemeine Pferdesportgesellschaft (Pferdesportler*innen, Ausbilder*innen, Eltern, Veranstalter*innen, Ehrenamtler*innen, Turnierfachleute), an Betroffene und potenziell Betroffene sowie an Täter*innen und potenzielle Täter*innen. Das bezieht alle Akteur*innen im Pferdesport mit ein.

Kontakt zum BetroffenenRat
Der BetroffenRat ist per E-Mail unter fnbetroffenenrat@fn-dokr.de erreichbar.

  • Seit Anfang 2014 muss jede Person, die einen Trainerschein ablegen möchte und dafür einen Lehrgang besucht, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, welches nicht älter als sechs Monate alt sein darf. Darüber hinaus kann die Deutsche Reiterliche Vereinigung nach APO die Führung der Bezeichnung "Trainer" und somit auch die Trainerlizenz "aus wichtigem Grund" aberkennen. 
  • Das Thema "Schutz vor sexualisierter Gewalt" wurde durch die Deutsche Reiterliche Vereinigung verbindlich in das Ausbildungssystem und die Lehrkonzeption der Amateurtrainer integriert. Seit dem 1. März 2012 müssen angehende Trainer einen Ehrenkodex unterschreiben.
  • 2013 wurde für die Landesverbände ein Handlungsleitfaden mit Hinweisen zum Vorgehen bei Meldung einer Vermutung, zum Thema Öffentlichkeitsarbeit, zum Thema Präventionsmaßnahmen, Maßnahmen der FN und Ansprechpartner der FN erstellt.
  • Aufgrund von Hinweisen der FN hat auch ihr Anschlussverband, die Bundesvereinigung der Berufsreiter, ihre Satzung im Hinblick auf Prävention von sexualisierter Gewalt ergänzt.
  • 2013, 2015, 2017 und 2019 wurde die FN-Satzung im Hinblick auf die Prävention von sexualisierter Gewalt und möglichen Sanktionen ergänzt (§ 3 Ziffer 3 und 4, § 15 Ziffer 6, § 22 Ziffer 4, § 23 Ziffer 3).
  • 2017 wurde die Jugendordnung der FN im Hinblick auf die Prävention von sexualisierter Gewalt ergänzt.
  • Das Thema Prävention von sexualisierter Gewalt wurde im Herbst 2018 als verbindliches Weiterbildungsmodul in das Programm der Landestrainerseminare Dressur, Springen, Vielseitigkeit, Voltigieren und Fahren integriert.
  • Seit März 2019 werden bei Lehrgängen für Kaderathleten am Bundesstützpunkt in Warendorf für Junioren und Junge Reiter der Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit freiwillige anonyme Evaluationen durchgeführt, um sicherzustellen, dass Respekt und Wertschätzung während der Maßnahmen gelebt werden und es keinen Anhaltspunkt für die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung gegeben hat.
  • Im Mai 2019 hat sich die FN an einer Plakataktion des DOSB mit einem eigenen Poster beteiligt. Darüber wurden auch die Landesverbände informiert. Zudem wurde das Poster bei den FN-Tagungen vorgestellt und aktuelle Hinweise zum Thema Prävention von sexualisierter Gewalt im Beirat Sport gegeben.
  • Die FN ist als einer von vier dafür ausgewählten Spitzensportverbänden Teil eines Forschungsprojekts der Deutschen Sporthochschule Köln mit dem Titel „Trainer/innen in der Prävention sexualisierter Gewalt: Umgang mit Nähe und Distanz im Verbundsystem Nachwuchsleistungssportsystem“. Das Projekt ist im Herbst 2019 gestartet, aus dem Pferdesport nehmen vier Nachwuchsbundestrainer aus vier Disziplinen daran teil.
  • Die FN kooperiert seit dem 1. Mai 2020 mit dem Verein N.I.N.A. („Nationale Infoline, Netzwerk und Anlaufstelle zu sexueller Gewalt an Jungen und Mädchen“), der die fachliche Leitung eines Hilfe-Telefons innehat.
  • Ebenfalls seit 2020 besteht eine Kooperation mit Innocence in Danger e.V.. Innocence in Danger ist eine weltweite Bewegung gegen Missbrauch von Kindern, insbesondere die Verbreitung von Kinderpornographie durch die neuen Medien.

Die FN begrüßt den Aufruf der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland im Kontext Sport. Die Kommission ruft erwachsene Betroffene auf, die in Kindheit und Jugend sexueller Gewalt beim Freizeit-, Breiten- und Leistungssport sowie beim Schulsport ausgesetzt waren, von ihren Erfahrungen zu berichten. Dafür bietet die Kommission einen geschützten Rahmen in Form von vertraulichen Anhörungen oder von schriftlichen Berichten. Alle Informationen zum Aufruf erhalten Interessierte unter www.aufarbeitungskommission.de/sport oder telefonisch unter 0800 40 300 40 (kostenfrei und anonym).

Seit einigen Jahren gibt es die Kampagne "Kein Raum für Missbrauch" des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung. Die Kampagne soll dazu dienen, ein klares Signal gegen sexualisierte Gewalt im Sport zu setzen.

Über die Aktivitäten und Materialien der Deutschen Sportjugend (dsj) zum Thema "Gegen sexualisierte Gewalt im Sport" informiert die Seite unter www.dsj.de/kinderschutz. Broschüren zum Themenfeld sind dort als Download verfügbar. Umfassende Informationen zum Thema hat der Landessportbund NRW auf der CD "Schweigen schützt die Falschen" zusammengestellt.

Der Lehrfilm "Schutz vor sexualisierer Gewalt" des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung zeigt, wie Maßnahmen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in Sportvereinen entwickelt und dauerhaft angewendet werden können.

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Ihr Ansprechpartner

Annika Schalück

Stabsstelle Jugendarbeit

Tel: 02581/6362-198
Fax: 02581/6362-7198

aschalueck@fn-dokr.de

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