Vorsicht: Stechmücken übertragen das West-Nil-Virus beim Pferd

West-Nil-Virus durch Mückenstich – Experten raten zur Impfung beim Pferd

Seit 2018 ist das West-Nil-Virus in Deutschland angekommen und befällt hier Pferde und Menschen. Übertragen von heimischen Stechmücken kann es über die Blutbahn ins Gehirn gelangen und dort schwere, neurologische Symptome auslösen. Experten aus Human- und Veterinärmedizin warnen vor möglichen Ausbrüchen in den nächsten Jahren.1,2 Da es bisher kein Heilmittel gibt, ist der beste Schutz gegen das West-Nil-Fieber beim Pferd eine frühzeitige Impfung.1 Was es mit dem West-Nil-Virus auf sich hat und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wie das West-Nil-Virus nach Deutschland kam

Entdeckt wurde das West-Nil-Virus erstmalig im Jahr 1937 in Uganda – nahe dem namensgebenden Fluss in Afrika.3 Über infizierte Zugvögel wanderte es bis nach Europa.2 Und auch vor Amerika machte es nicht halt: zwischen 1999 und 2017 infizierten sich etwa 30.000 Pferde und 50.000 Menschen in den USA mit dem Virus.3 Daher horchten viele Epidemiologen auf, als sich 2018 das erste Pferd mit West-Nil-Fieber in Deutschland nachweislich ansteckte. Im Jahr darauf registrierte das Nationale Referenzlabor für West-Nil-Virus-Infektionen bereits 75 Ansteckungen alleine bei Pferden. Und auch 2020 setzte sich der Trend fort.3 Das Robert-Koch-Institut (RKI) schlussfolgert, dass das West-Nil-Virus durch die immer milderen Winter in Deutschland die kalte Jahreszeit überdauert.2 Das Expertengremium der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) rechnet deshalb mit einer weiteren innerdeutschen Ausbreitung in den nächsten Jahren.1

Gemeldete Fälle des West-Nil-Virus in Deutschland in den letzten Jahren:

Jahr Vögel Pferde Menschen
2018 12 2 0
2019 75 36 5
2020 63 22 13
2021 29 16 4

Gemeldete West-Nil-Fieber-Fälle 2018 – 2021. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.

So stecken sich Pferd und Mensch mit dem West-Nil-Virus an

Der Hauptüberträger des West-Nil-Virus ist in Deutschland weit verbreitet: Es handelt sich um die heimische Stechmücken-Gattung Culex.2 In Deutschland grassiert das Virus bisher vor allem in Sperlingen und anderen Vögeln. Wenn nun eine Mücke einen infizierten Vogel sticht, kann sie anschließend Pferde und auch Menschen anstecken. Zwar sind sie beide Fehlwirte, können das Virus also bei einer Infektion nicht weitergeben, allerdings kann eine Erkrankung mit dem West-Nil-Fieber schwere gesundheitliche Folgen haben.2 Für Pferde gibt es effiziente Impfungen, die schnellen Schutz gegen das West-Nil-Virus bieten. Am besten sollte die Impfung dabei jeweils noch vor der nächsten Mückensaison im Mai abgeschlossen sein. So wird sichergestellt, dass Pferde zu der Zeit der wahrscheinlichsten Virusübertragung die höchsten Antikörpertiter aufweisen. Für Menschen gibt es noch keinen zugelassenen Impfschutz. In Zukunft könnte der Klimawandel die Bedingungen für die wärmeliebenden Mücken weiter verbessern, sodass Ausbrüche des West-Nil-Virus auch in unseren Breitengraden wahrscheinlicher werden.2

Infografik: Übertragungswege beim West-Nil-Virus

Diese Symptome deuten auf West-Nil-Fieber beim Pferd hin

Zuerst die gute Nachricht: 9 von 10 Pferden überstehen eine Infektion mit dem West-Nil-Virus ohne ernste Symptome. Bei den übrigen knapp 10 % entzündet sich dagegen die Hirnhaut, was schwere Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem haben kann. In der Folge sterben 30 – 50 % der erkrankten Pferde. Selbst wenn ein Tier überlebt, dauert die vollständige Genesung oft mehrere Monate und häufig bleiben Langzeitschäden zurück.1 Je nachdem, welche Teile des Gehirns das Virus befällt, können 3 – 15 Tage nach der Infektion folgende Symptome des West-Nil-Fiebers auftreten:4

  • Muskelzittern
  • Gleichgewichts- bzw. Bewegungsstörungen, etwa Stolpern, Trippeln oder Festliegen
  • Fieber und Schwäche
  • Verhaltensänderungen, beispielsweise Aggression, Depression oder Lethargie
  • Nervenausfallerscheinungen, etwa Krämpfe oder Lähmungen bis hin zu Koma

Das West-Nil-Virus beim Menschen

Bei Menschen ist das West-Nil-Virus meistens unauffällig: Nur etwa jeder fünfte Infizierte entwickelt 3 – 6 Tage lang grippeähnliche Symptome.2 Neben anfänglichem Fieber leiden Erkrankte oft unter Kopfschmerzen, Schüttelfrost und Mattigkeit. Manchmal kommt ein blasser, fleckiger Hautausschlag hinzu.2 Bei etwa 1 % aller Infizierten greift das Virus zusätzlich das Gehirn an. Diese schwere, neuroinvasive Form des West-Nil-Fiebers verursacht oft Spätfolgen und kann vor allem für ältere Patienten tödlich enden.2 Bislang gibt es kein wirksames Medikament gegen das West-Nil-Virus. Stattdessen werden lediglich die Symptome behandelt. Schützen können wir uns am besten über die Bekämpfung von Mücken, denn bisher ist kein Impfstoff für Menschen zugelassen.2

Wenn ein Mückenstich tödlich enden kann: Das West-Nil-Virus ist in Deutschland angekommen!

Auf zum Tierarzt: So laufen Diagnose und Behandlung beim West-Nil-Virus ab

Neurologische Symptome können auf West-Nil-Fieber beim Pferd hindeuten. Das gilt besonders, wenn es noch nicht gegen das West-Nil-Virus geimpft wurde und eventuell Mückenstichen ausgesetzt war. Dann ist ein Tierarztbesuch unbedingt notwendig. Um andere neurologische Erkrankungen wie beispielsweise Tollwut, Gelbfieber, Borreliose oder FSME auszuschließen, folgt ein Labortest. Dieser kann die Viren selbst oder deren Antikörper im Blut nachweisen.1 Bei einem „positiven“ Befund meldet das Labor die Infektion ggf. an das zuständige Veterinäramt – denn beim West-Nil-Fieber beim Pferd handelt es sich um eine anzeigenpflichtige Tierseuche.

Leider gibt es bislang keine kausale Therapie gegen das West-Nil-Fieber beim Pferd, sodass lediglich die Symptome behandelt werden.1 Teilweise helfen entzündungshemmende oder harntreibende Medikamente, in schwereren Fällen muss das Pferd in eine Klinik aufgenommen werden. Dort wird es in einer speziell gepolsterten Sicherheitsbox untergebracht, bis es sich hoffentlich erholt.

4 Tipps gegen Mückenplagen im Pferdestall

  • Regelmäßig das Wasser in Trinktrögen wechseln
  • Das Umfeld der Pferde sauber halten und Wasseransammlungen entfernen (gelagerte Autoreifen, Regentonnen, Eimer etc.)
  • Nachts und abends das Licht im Stall ausschalten
  • Weidegang möglichst während der Mücken-Schwärmzeiten in der Morgen- und Abenddämmerung vermeiden; Fliegendecken für Pferde verwenden

West-Nil-Virus: So schützen Sie Ihr Pferd

Impfempfehlung der Experten: Pferde gegen das West-Nil-Virus schützen

Die erfolgversprechendste Maßnahme, um Pferde vor dem West-Nil-Fieber zu schützen, ist die Immunisierung über einen Impfstoff. Als innerdeutsche Risikogebiete gelten aufgrund von nachgewiesenen Infektionen der letzten Jahre folgende Bundesländer: Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.3 Die StIKo Vet empfiehlt für alle Pferde in diesen Gebieten, die Grundimmunisierung vor der nächsten Mückensaison im Mai abzuschließen, und jährlich aufzufrischen.1 Vorsorglich bietet sich die Impfung auch für Pferde in den angrenzenden Bundesländern an.

„Die Prophylaxe ist von großer Bedeutung, an erster Stelle steht dabei die Impfung.“

Prof. Dr. Karsten Feige, Direktor der Klinik für Pferde in der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.*

Vorsicht bei Reisen und Turnieren in Risikogebieten

Vorsicht ist auch bei Reisen in Endemiegebiete geboten: Nehmen Sie beispielsweise an einem Turnier in einem Risiko-Bundesland oder etwa Italien, Griechenland oder Rumänien teil, ist die rechtzeitige Impfung Ihres Pferds als Vorsichtsmaßnahme wichtig.

Langfristig streben die zuständigen Behörden die flächendeckende Impfung von Pferden in ganz Deutschland an – auch, da ein unvorhergesehener Ausbruch der Krankheit wie in den USA nicht ausgeschlossen werden kann.1 Die zwei in Deutschland erhältlichen Impfstoffe verringern bei einer Infektion die Viruslast sowie die Dauer und Schwere eventuell auftretender Symptome.1 Die von der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassenen Impfstoffe sind in aller Regel gut verträglich und bieten wirksamen Schutz.

Verbreitungskarte: West-Nil-Virus in Deutschland

Wann kann ich mein Pferd impfen lassen?

  • Das Mindestalter von Fohlen für die Impfung beträgt 5 Monate. Die Immunität hält nach der Grundimmunisierung ein Jahr an und muss jährlich erneuert werden.
  • Auch Pferde, bei denen eine frühere West-Nil-Virus-Infektion vermutet wird, können vorsorglich geimpft werden, sofern sie keine Symptome zeigen.
  • Nach einer durchgemachten Infektion verschwinden die Antikörper oft schnell wieder, sodass die regelmäßige Impfung ein Jahr später wieder aufgenommen werden sollte.1

Quellen:

  1. Ständige Impfkommission Vet (StIKo Vet): Hinweise zur aktuellen WNV-Situation. URL (Abgerufen am 24.11.2023): https://stiko-vet.fli.de/de/stellungnahmen/pferd/
  2. Robert-Koch-Institut (RKI): West-Nil-Fieber im Überblick. URL (Abgerufen am 24.11.2023): https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/W/WestNilFieber/West-Nil-Fieber_Ueberblick.html
  3. Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) – Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit: West-Nil-Virus. URL (Abgerufen am 24.11.2023): https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/west-nil-virus/
  4. Ständige Impfkommission Vet (StIKo Vet): Stellungnahme zur Immunisierung von Pferden gegen das West-Nil-Virus. URL (Abgerufen am 24.11.2023): https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00017232/Stellungnahme_WNV-Impfung_Pferde_2018-10-22.pdf

* Tierärztliche Umschau (4/2019): »Es gibt keinen Grund zur Panik«. Terra-Verlag, ISSN: 0049-3864, TU im Gespräch: 2-3.