Deutsche Reiterliche Vereinigung
04.05.2023 | 13:00 Uhr | Uta Helkenberg

FN-Beirat Zucht tagte in München

ZVO-Änderungen und Diskussionen über die GOT

Der Beirat Zucht tagte in München. Foto FN

Der FN-Beirat Zucht hat 2023 in München getagt. Foto FN

In München hat sich der Beirat Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) zu seiner Jahrestagung getroffen. Gastgeber waren der Bayerische Reit- und Fahrverband sowie der Landesverband der Bayerischen Pferdezüchter (LVBPZ) und der Bayerische Zuchtverbandes für Kleinpferde- und Spezialpferderassen (BZVKS). Neben verschiedenen Sachstandsberichten wurde vor allem über das Thema Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) diskutiert. Wie üblich stimmte der Beirat außerdem über einige Änderungen in der Zuchtverbandsordnung (ZVO) ab.

„Die deutsche Pferdezucht hat die Corona-Pandemie zahlenmäßig und – verglichen mit dem Pferdesport – zumeist auch wirtschaftlich besser überstanden als der Pferdesport“, sagte Theo Leuchten, Vorsitzender des Vorstands Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) mit Blick auf aktuelle Zuchtstatistik. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage und den enorm gestiegenen Preisen und einer Umweltpolitik ohne genaue Folgeabschätzungen, ist die Zukunft allerdings vorsichtig zu bewerten.“

„Gute bis sehr gute Pferde werden auch in Zukunft gutes bis sehr gutes Geld bringen. Ob es allerdings langfristig einen kostendeckenden Markt für ‚normale‘ Pferde oder Ponys geben wird, ist fraglich“, sagte Leuchten und warnte vor einem Rückgang des „ländlichen Turniersports. „Wir müssen die ländlichen Turnierveranstaltungen stärken und die Amateure im Sport halten, sonst wird es schwierig“, mahnte Leuchten.

GOT: Erste kleine Erfolge erzielt
Ein großes Problem sehen die Zuchtverbände neben der allgemeinen Preisentwicklung angesichts steigender Energiekosten in der neuen Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Die Diskussion über das weitere Vorgehen nahm daher breiten Raum ein. Bernhard Feßler, Leiter des FN-Hauptstadtbüros, ordnete noch einmal die rechtlichen Hintergründe der Verordnung ein und schilderte detailliert, wie es zu deren Verabschiedung gekommen war. Feßler konnte außerdem berichten, dass in der vergangenen Woche wichtige Gespräche stattgefunden hatten. In einem Treffen mit der Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Silvia Bender, und Abteilungsleiter Prof. Markus Schick wurde insbesondere die Auslegung der GOT durch Bundestierärztekammer (BTK) und Bundesverband praktizierender Tierärzte zu Hausbesuchsgebühr und Turniertierärztedienst kritisiert. Ein anschließender Termin mit dem Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) sei so etwas wie „ein Dammbruch“ gewesen, so Feßler. Nun werde mit Hochdruck an einer Abstimmung von BMEL und bpt und dann auch mit der Bundestierärztekammer gearbeitet. Feßler warb gleichzeitig bei den Zuchtverbänden dafür, sich weiterhin auch auf Länderebene für das Thema einzusetzen. In acht Landesverbänden sei bereits ein Musterbrief an die zuständigen Landesminister versandt worden. „Denn letztlich wurde die GOT vom Bundesrat, also von den Ländern, beschlossen“, so Feßler. Darüber hinaus würden aktuell auch mögliche juristische Schritte geprüft und über eine Unterschriftenaktion nachgedacht.

LPO 2024: Tragende Stuten im Sport
Die Sachstandsberichte begannen mit einer kurzen Vorstellung aus dem Turniersport. Unter den rund 200 Neuerungen der Leistungs-Prüfungs-Ordnung 2024 sind auch einige, die die Züchter besonders betreffen. Darunter einige Änderungen bei den Jungpferdeprüfungen, beispielsweise die Beschränkung der Turnierteilnahme von dreijährigen Pferden. Vom parallel tagenden Beirat Sport wurde die bereits im Dezember verabschiedete Regelung nochmals dahingehend verändert, dass dreijährige Pferde ab 2024 an maximal fünf Turnieren (Pferdeleistungsschauen (PLS)) im laufenden Kalenderjahr teilnehmen dürfen.

Noch einmal erläutert wurde die LPO-Bestimmung, dass tragende Stuten nach dem vierten Trächtigkeitsmonat sowie Fohlen führenden Stuten ab 2024 nicht mehr für eine Teilnahme an einer PLS zugelassen sind. Diese war ebenfalls im Dezember verbschiedet worden und hatte in der Pferdezucht für Diskussionen gesorgt. „Diese Neuregelung wurde aus dem internationalen Reglement übernommen und trägt dem besonderen Schutzbedürfnis von Fohlen und Mutterstuten Rechnung“, erklärte Dr. Henrike Lagershausen, Leiterin der Abteilung Veterinärmedizin und Tierschutz. Zur Begründung nannte sie unter anderem die erhöhte Infektionsgefahr junger Fohlen durch den Kontakt zu fremden Pferden sowie die körperlichen Veränderungen bei der tragenden Stute ab dem fünften Trächtigkeitsmonat, wie beispielsweise die Vergrößerung und das Absenken der Gebärmutter nach cranial in die Bauchhöhle. Damit gehe bei fortschreitender Trächtigkeit unter anderem eine veränderte Atmungs- und Herz-Kreislaufsituation einher.

Projekt HorseWatch
Dr. Lagershausen berichtete außerdem über das Forschungsprojekt HorseWatch. Das Verbundprojekt, das vom BMEL initiiert und über einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert wird, startete vor einem Jahr und soll untersuchen, wie sich das Einstiegsalter in das Training sowie die Haltungs- und Trainingsbedingungen beim Trainingsbeginn auf Gesundheit und Wohlbefinden von Renn- und Reitpferde auswirken. „Relevant für die deutsche Pferdezucht sind dabei Untersuchungen, die im Juni 2022 im Rahmen der Körungsvorbereitung von Warmbluthengsten am Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse begonnen haben“, sagte Lagershausen. „Die Hengste werden dabei in zwei Gruppen untersucht, mit jeweils unterschiedlichem Zeitpunkt des Trainingsbeginns sowie unterschiedlichen Haltungsformen.“

ZVO-Änderungen beschlossen
Die Verabschiedung der aktuellen Zuchtverbandsordnung (ZVO) gehört zu den regelmäßigen Aufgaben des Bereichs Zucht. Im Allgemeinen Teil und den besonderen Bestimmungen für die Reitpferde handelte es sich weitgehend um redaktionelle Anpassungen. Bei den Ponys, Kleinpferde und sonstigen Rassen gab es hingegen einige Neuerungen, beispielsweise ein überarbeitetes Zuchtprogramm für Curly Horses und Boulonnais. Für französische Pferderassen, die in deutschen Zuchtverbänden betreut werden, wie Camargue-Pferd, Merens und Percheron gilt eine neue Regelung bei der Namensgebung. Pro Jahr wird ein Anfangsbuchstabe vorgegeben, der dem Alphabet folgt. 2023 ist es O, 2024 dann P und so weiter.

Neu ist außerdem die Aufnahme des Lehmkuhlener Ponys als gefährdete Nutztierrasse in den Zuchtprogrammen Deutscher Falbe, Deutscher Tigerschecke und Silver-Dapple. Stuten der vom Aussterben bedrohten Rassen, zu denen auch mehrere Kaltblutrassen zählen, sind in diesen Zuchtbüchern nicht eintragungsfähig. Zudem haben sich auch die Aufgaben in der Leistungsprüfung von Friesenpferden geändert. Im Zuchtprogramm des Kleinen Deutschen Reitpferdes kann nun die Rasse Furioso North Star und bei den Palominos und Pintos die Rasse Estland Sportpferd eingesetzt werden.

Deutsche Reitponys: Neuer Punkte-Katalog für den Eintrag in das Hengstbuch I
Für bewährte Reitponyhengste ist nun eine Möglichkeit geschaffen worden, diese als leistungsgeprüfte Hengste in das Hengstbuch I beim Deutschen Reitpony einzutragen, wenn sie überdurchschnittliche Eigen- oder Vererbungsleistungen nachweisen können. Sie müssen dafür mindestens zehn Punkte aus einem umfangreichen Katalog an Eigen- oder Nachkommenleistungen erzielen. Sechs Punkte gibt es beispielsweise für einen Siegerhengst bei einer FN-Bundesschau, acht Punkte für einen Bundeschampion der drei- und vierjährigen Reitponys und zehn Punkte für eine Platzierung im „Finale“ von Pony-Europameisterschaften. Für einen Hengst können aber auch dessen Nachkommen punkten, hier gibt es beispielsweise je einen Punkt für eine Prämienstute und je fünf Punkte für einen EM-Teilnehmer.

Alle Pony-, Kleinpferde- und sonstigen Rassen: Regelungen für Hengstvorauswahlen und Körveranstaltungen
Darüber hinaus wurde beschlossen, auch bei den Körveranstaltungen der Pony, Kleinpferde und Sonstigen Rassen entsprechende Regelungen wie bei den Reitpferden zu übernehmen. Dies betrifft Vorgaben zur Einhaltung der ethischen Grundsätze der FN, Ausrüstung der Pferde und der Vorführer, Medikationskontrollen oder zum Scheren und zu Manipulationen an Haut-, Fell-, Langhaar- und Huffarbe. Wie auch in anderen Teilen der ZVO zeigen gelb markierte Stellen an, wo die Vorgaben rassespezifisch angepasst werden können. fn-press/Hb

Stand: 04.05.2023