Deutsche Reiterliche Vereinigung
14.04.2016 | 18:15 Uhr | Uta Helkenberg

Problem Startplatzbegrenzung: Maßnahmenpaket geschnürt

Interview mit FN-Abteilungsleiter Turniersport Fritz Otto-Erley

Warendorf (fn-press). In mehr und mehr Regionen Deutschlands sind die Turnierreiter verstimmt. Immer wieder fällt ein geplanter Auftritt am Wochenende ins Wasser, weil es ihnen nicht gelungen ist, einen Startplatz zu ergattern. Denn immer mehr Turnierveranstalter greifen auf die technische Möglichkeit der „Startplatzbegrenzung“ zurück, um die Teilnehmerfelder nicht ausufern zu lassen – wer zu spät kommt, geht leer aus. FN-press sprach mit Fritz Otto-Erley, Leiter der Abteilung Turniersport der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), über die Situation.

FN-press: Herr Otto-Erley, in einigen Regionen hat das Nennen Ähnlichkeit mit einer Online-Auktion. Wer nicht schnell genug ist, hat Pech gehabt. Gibt es Lösungen für das Problem?
F. Otto-Erley: Bei allen Beteiligten herrscht Einigkeit darüber, dass das Grundproblem in den betroffenen Regionen und Prüfungsformaten nur durch eine Maßnahme gelöst werden kann: eine Erhöhung des Angebots. Im Saarland haben wir das Problem beispielsweise nicht. Um ein vergleichbares Verhältnis zwischen der Anzahl an Jahresturnierlizenzinhabern und Turnieren auch im Rheinland zu haben, müssten dort fast drei Mal so viele Turniere stattfinden wie derzeit. Was wir brauchen sind also mehr Startplätze in mehr Prüfungen und auf mehr Turnieren. Im Klartext: Jeder, der auf Turnieren reiten möchte, muss auch dazu beitragen, dass es welche gibt.

FN-press: Welche kurz- und mittelfristigen Lösungen sehen Sie für das Problem?
F. Otto-Erley: Eine Arbeitsgruppe aus Experten der FN und der Landesverbände hat ein Paket mit Maßnahmen geschnürt, das eine erste kleine Abhilfe schaffen soll. Wichtigste Neuerung in der im Herbst erscheinenden neuen NeOn-Version wird das Vormerken auch bereits ausgebuchter Prüfungen sein. Ziel ist es ja, zum Nennungsschluss genau die Teilnehmer „im System“ zu haben, die auch tatsächlich willens sind, zu starten. Deshalb sind auch alle Veranstalter aufgerufen, ihren Nennungsschluss noch einmal zu überprüfen. Denn je später der Nennungsschluss, desto wahrscheinlicher ist es, die tatsächlich „Startwilligen“ in den Prüfungen zu haben. Denn leider müssen wir zunehmend feststellen, dass viele Reiter nennen und es sich dann doch anders überlegen.

FN-press: Kann man nicht jetzt schon nicht benötigte Startplätze zurückgeben?
F. Otto-Erley: Doch. Aber nur, wenn der Veranstalter eine Nennung nicht bereits manuell akzeptiert hat. Diese Möglichkeit wird es mit der neuen NeOn-Version nicht mehr geben, stattdessen werden die Nennungen nach Ende der Bearbeitungsfrist automatisch akzeptiert. Ich kann also einen nicht benötigten Startplatz bis 24 Stunden vor Nennungsschluss zurückgeben, ohne Gefahr zu laufen, auch andere Plätze zu verlieren. Gleichzeitig werden alle Reiter, die eine ausgebuchte Prüfung vorgemerkt haben – auch das wird neu sein –, eine E-Mail erhalten, dass wieder ein Platz frei wird.

FN-press: Was für Maßnahmen sind sonst noch geplant?
F. Otto-Erley: Momentan haben wir ja die teilweise paradoxe Situation, auf den Turnieren Leerlauf zu haben, weil die einen ihre Startplätze nicht nutzen, während andere erst gar keinen bekommen haben. Der Arbeitskreis empfiehlt daher den Landeskommissionen, mit Hilfe der Besonderen Bestimmungen eine realistische Untergrenze bei startplatzbegrenzten Prüfungen festzulegen und zu überprüfen, ob eine Startplatzbegrenzung überhaupt notwendig ist.

FN-press: Warum sind überhaupt fast alle Prüfungen auf maximal 45 Startplätze begrenzt?
F. Otto-Erley: Dies hängt mit den vorgeschrieben Teilungsgrenzen zusammen. Viele Veranstalter haben offenbar regelrecht Angst davor, eine Prüfung aufgrund der Nennungszahlen in zwei Abteilungen teilen zu müssen. Woher das kommt, weiß niemand. Denn wer nachrechnet, stellt fest, dass es bei einer Ausschreibung von beispielsweise maximal 70 Nennungen zwar zwei Abteilungen geben muss, insbesondere in den Klasse A bis M ergeben sich aber interessante Nenngeldüberschüsse zu den auszuzahlenden Geldpreisen, die völlig problemlos den nötigen zusätzlichen Ehrenpreis finanzieren. Es ist finanziell sogar viel attraktiver, 70 statt 45 Nennungen auszuschreiben. Was viele ebenfalls nicht zu wissen scheinen: Nachnennungen sind grundsätzlich auch dann möglich, wenn eine Prüfung bereits ausgebucht ist. Allerdings muss der Veranstalter darüber entscheiden, ob er noch weitere Startplätze verkraften kann und will. Aus unserer Sicht können wir nur sagen, dass eine Erhöhung der Maximal-Startplätze von derzeit sehr häufig 45 auf beispielsweise 70 die Lage mit Sicherheit schon erheblich entspannen würde.

FN-press: Die Möglichkeit zur Startplatzbegrenzung wird ja häufig genutzt, um das Turnier besser planbar zu machen. Das wünschen sich ja sowohl die Veranstalter als auch die Reiter? Wie war das denn früher?
F. Otto-Erley: Das ist ja das eigentlich Interessante. Seit Jahren werben wir dafür, Prüfungen nach Alters-, Leistungsklassen, Ranglistenpunkten, Mindest- oder Höchsterfolgen, regionalen Abgrenzungen etc. getrennt auszuschreiben, um möglichst homogene Teilnehmerfelder in einer bestimmten Größe zu erzeugen. Und was müssen wir feststellen: Die zugelassenen Teilnehmerfelder umfassen heute oft sogar mehrere Landeskommissionsbereiche und alle LPO-konformen Leistungsklassen. Als einziges zusätzliches Teilnehmerkriterium gilt: Ich muss zu den Ersten am PC gehören, die sich einen Startplatz ergattern. Bei allem Verständnis für die Veranstalter hat man doch den Eindruck, dass sie es sich damit doch etwas einfach machen.

FN-press: Wäre es dann nicht am besten, die Startplatzbegrenzung wieder abzuschaffen, wie ja gelegentlich schon gefordert wird?
F. Otto-Erley: Ich fürchte, wir können das Rad nicht mehr zurückdrehen. Wir haben es leider mit einem Domino-Effekt zu tun. Je mehr Veranstalter sich der Startplatzbegrenzung bedienen, umso größer wird der Run auf die umliegenden Turniere, die dann so aus allen Nähten platzen, dass sich die Veranstalter im kommenden Jahr ebenfalls überlegen, ob sie das überhaupt noch stemmen können. Und ein weiterer Rückgang an Turnieren ist die schlechteste aller Lösungen.“
Das Interview führte Uta Helkenberg.

Stand: 13.04.2016