Deutsche Reiterliche Vereinigung
26.08.2019 | 10:00 Uhr | Uta Helkenberg

EM Rotterdam: Starke Konkurrenz in Para-Equestrian

Fünf vierte Plätze / Deutsche Mannschaft auf Platz zehn

Rotterdam/NED (fn-press). Fünf vierte Plätze: Bei den Europameisterschaften in Rotterdam haben die deutschen Para-Dressurreiter – ansonsten regelmäßige Medaillengaranten für den deutschen Pferdesport – gleich mehrfach nur knapp einen Platz auf dem Podium verpasst. Die Teamwertung war 2019 allerdings vom Fehlerteufel verfolgt. Hier kam die deutsche Mannschaft mit Heidemarie Dresing (Rheda-Wiedenbrück), Elke Mispelkamp (Geldern), Elke Philipp (Treuchtlingen) und Steffen Zeibig (Arnsdorf) nicht über Platz zehn hinaus. „Natürlich ist ein bisschen enttäuschend, hier ohne Medaille abzureisen“, zog Equipechefin Britta Bando Bilanz. „Aber wir waren in den meisten Fällen ganz dicht dran. Und wenn die anderen Nationen immer besser werden, müssen wir das eben auch. Gut ist, dass wir schon mit vier Reitern für die Paralympics qualifiziert sind. Denn dieses Ergebnis von Rotterdam wollen wir nicht auf uns sitzenlassen.“

In der Teamwertung konnten die Niederländer der WM 2018 wiederholen. Erneut verwiesen sie die jahrzehntelang ungeschlagenen Briten auf den Silberrang. Die Mannschaft aus Dänemark gewann die Bronzemedaille. Die deutschen Reiter, im vergangenen Jahr noch WM-Dritte, in Rotterdam jedoch von Beginn an vom Pech verfolgt, wurden am Ende Zehnte. Zunächst verritt sich die sonst stärkste Punktelieferantin Elke Philipp mit Fürst Sinclair gleich zweimal in der Aufgabe, Steffen Zeibigs Stute Feel Good war stellenweise „kurz vorm Explodieren“ und Heidemarie Dresings Pferd La Boum zackelte nach einem gelungenen Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen einmal an. Der Grund dafür war, dass Dresing in Rotterdam nicht mit der gewohnten Schlaufe reiten durfte, die ihr hilft, den Oberkörper aufrecht zu halten.

Das beste Ergebnis für die Mannschaft erzielte Regine Mispelkamp mit ihrem Rheinländer Look at me Now. Sie konnte sich damit auch berechtigte Hoffnungen auf eine Kür-Medaille machen. Zwar war die zweifache WM-Bronzemedaillengewinnerin aus Geldern nach einem teuren Patzer in der Einzelwertung nur Siebte, ordnete sich in der Teamprüfung aber auf Platz drei ihres Grade V ein. Unter Freudentränen erklärte sie: „Ich bin so stolz auf mein Pferd, dass er sich so gut hat reiten lassen und sich so auf mich eingelassen hat. Denn er ist ja immer für einen Schabernack gut. Es hat heute richtig Spaß gemacht." Am Ende wurde aber nichts aus der Kür, Mispelkamp zog ihr Pferd vorab zurück. „Look at me now ging am Abend plötzlich nicht ganz klar, da wollte ich nichts riskieren“, sagte sie. Neuer Einzel- und Küreuropameister in Grade V wurde der Niederländer Frank Hosmar mit Alphaville N.O.P., zwei Mal Silber gab es für Sophie Wells aus Großbritannien mit C Fatal Attraction, zwei Mal Bronze für Michele George aus Belgien mit Best of 8.

In Grade III hatte der erst 19-jährige Däne Tobias Thorning Joergensen mit seiner Schimmelstute Jolene Hill gleich drei Mal die Nase vorn und verwies Weltmeisterin Rixt van der Horst aus den Niederlanden mit Findley N.O.P. auf den Silberrang. Im Kopf-an-Kopf-Rennen um Bronze zog Steffen Zeibig (Arnsdorf) sowohl in der Einzelwertung als auch Kür den Kürzeren gegenüber der Belgierin Barbara Minneci mit Stuart. Zeibigs Rappstute Feel Good hatte vor allem zu Beginn der EM Probleme mit der geräuschvollen Kulisse. Erst in der Kür zu den Klängen der kalifornischen Violinistin Lindsey Stirling fehlerfrei präsentierte sich die Stute in der Schritt-Tour deutlich entspannter, weshalb sich ihr Reiter hier auch einige Punkte mehr erhofft hätte. „Aber generell bin ich mit der EM nicht unzufrieden, die äußeren Bedingungen waren hier eben nicht so einfach. Wir werden auf jeden Fall so weitermachen, schließlich war die Konkurrenz ja nicht unendlich weit weg“, sagte Zeibig.

Einen gelungenen Championatseinstand gab Heidemarie Dresing (Rheda-Wiedenbrück). Mit ihrer erst sechsjährigen Stute La Boum, der von allen Seiten großes Potenzial bescheinigt wurde, sicherte sich die Grade II-Reiterin auf Anhieb ebenfalls zwei vierte Plätze – sowohl in der Einzelwertung und Kür. „Insgesamt bin ich mit unserem EM-Einstieg zufrieden. La Boum ging hier über alle Tage sehr konstant. Ich hatte die ganze Zeit ein sicheres Gefühl, das war sehr gut“, sagte die 64-jährige Architektin. Der Titel in der Einzelwertung ging in Grade II an den Titelverteidiger und Vizeweltmeister Pepo Puch aus Österreich mit Sailor’s Blue vor der Britin Georgia Wilson mit Midnight, in der Kür war es umgekehrt. Zwei Mal Dritte wurde die Niederländerin Nicole den Dulk mit Wallace N.O.P..

Besonders hart umkämpft waren die Medaillen in Grade I. In der Einzelwertung belegte die zweifache WM-Bronzemedaillengewinnerin Elke Philipp (Treuchtlingen) mit ihrem Oldenburger Hengst Fürst Sinclair OLD zunächst Platz vier, auch wenn eine Wespe, die sich hinter ihre Brille verirrt hatte, kurzfristig ihre Konzentration beeinträchtigte. Nach dem Pech in der Teamaufgabe konnte sie sich in der Kür zu einem „Queen-Medley“ auf Platz sechs behaupten. „Mein Pferd ist eben immer noch nicht ganz stabil, das Zusammenspiel zwischen uns noch ein bisschen wechselhaft. Potenzial ist auf jeden Fall da“, zog die 55-Jährige ihr Fazit. „In meinem Grade sind aber auch wirklich richtig gute Pferde am Start.“ Dazu gehörte vor allem der Rappwallach Aladdin von Jens-Lasse Dokkan. Die Überraschungssieger der Einzelwertung aus Norwegen überwand mit seiner Kür sogar die 80-Prozent-Marke und konnten sich damit ein weiteres Mal Kür gegen die Italienerin Sara Morganti mit Royal Delight durchsetzen. Zweimal Dritter wurde der Lette Rihard Snikus mit King of the Dance.

Alle Ergebnisse unter https://www.longinestiming.com/equestrian/2019/longines-fei-european-championships-rotterdam-rotterdam.

Stand: 04.09.2019