Deutsche Reiterliche Vereinigung
12.04.2023 | 08:30 Uhr | fn-press

Einstieg in den Fahrsport

An die Leinen, fertig, los!

Pony-Zweispänner - Foto: Nina Böker/FN

Der Einstieg in den Fahrsport ist nicht immer einfach. - Foto: Nina Böker/FN

Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts IPSOS gibt es in Deutschland rund 2,3 Mio. Pferdesportler – darunter Reiter, Voltigierer und Fahrer. Dem Fahrsport kommt hierbei allerdings nur der geringste Teil zu. Dabei hat der Platz auf dem Kutschbock viel zu bieten: starken Teamgeist, ein ganz eigenes Feeling und eine besondere Verbindung zum Pferd. Bleibt die Frage: Wie kann der Einstieg in den Fahrsport aussehen?

Das Fahren einer Kutsche hat Tradition, war vielleicht zeitweise etwas verpönt, aber das ist längst Vergangenheit. Schließlich bietet der Fahrsport allen Altersgruppen einen spannenden Zugang zum Pferd. Die Kombination aus Technik, Teamgeist und dem Partner Pferd macht wohl die Faszination dieses Sports aus. Wem reine Ausfahrten ins Grüne zu trist erscheinen, der kann sich – wie im Reitsport auch – im Leistungssport auf Turnieren mit anderen messen. Egal ob Einspänner, Zweispänner oder sogar mit vier Pferden vor dem Wagen: Kutsche fahren hat einfach was – Langeweile gehört definitiv nicht dazu!

Besondere Atmosphäre
Genau wie beim Reiten gibt es auch für den Fahrsport spezielle Fahrschulen, Trainer und Ausbildungsstätten, in denen Interessierte die ersten Berührungen mit dem Fahrsport machen können. „Allen Neulingen empfehle ich auch den Besuch eines Turniers – die Atmosphäre ist einfach eine ganz besondere und zieht eigentlich jeden in seinen Bann – vor allem beim Marathon oder Hindernisfahren“, schwärmt einer, der es wissen muss: Karl-Heinz Geiger, Bundestrainer der deutschen Fahrsportnationalmannschaft. Die Turniere im Fahrsport bestehen ähnlich wie die der Vielseitigkeit aus drei Einzelprüfungen. Es werden aber auch reine Dressurprüfungen ausgeschrieben. Wenn zum Beispiel über einen Turnierbesuch das Interesse am Fahrsport erstmal geweckt ist, findet man Kontaktdaten zu Trainings- oder Ausbildungsställen am besten über den eigenen Landesverband.

Nicht abschrecken lassen
„Gerade der Einstieg in den Fahrsport ist nicht ganz so einfach wie in den Reitsport. Während es quasi in jedem Ort einen Reitstall gibt, der erreichbar ist und in dem es möglich ist, Reitunterricht zu nehmen, sieht das im Fahrsport leider anders aus. Da muss man schon teilweise viele Kilometer in Kauf nehmen, um zum Unterricht zu kommen, vor allem wenn man Turnierluft schnuppern möchte – dann braucht es Training und die nötigen Fahrabzeichen“, sagt Bundestrainer Geiger. Durch das nicht so engmaschige Netz an Ausbildungsschulen (mit Lehrpferden) und erfahrenen Fahrlehrern ist es für Einsteiger oft schwierig, eine passende Ausbildungsstätte zu finden.

Zusammenspiel der Hilfen
Die Hilfengebung im Fahrsport ist viel differenzierter, als von außen vermutet wird. „Vorwiegend nutzen wir die Leinenhilfen annehmend und nachgebend wie beim Reiten, der Stimme kommt beim Fahren noch eine besondere Bedeutung zu: Je nach Tonlage kann ich mein Pferd auffordern oder es zurückhalten und beruhigen. Die Peitsche ersetzt dann die Schenkelhilfe und gehört immer in die Hand des Fahrers“, erklärt der Bundestrainer. Auch ein Fahrpferd sollte entsprechend der Skala der Ausbildung ausgebildet werden. Vor allem in der Dressur ist das feine Zusammenspiel der Hilfen essenziell, damit auch die Hufschlagfiguren gelingen. In den hohen Klassen werden sogar Galoppwechsel über Trab oder Schenkelweichen abverlangt. Deshalb ist auch die Ausbildung unter dem Sattel für Fahrpferde wichtig.

Fahrpferd gestern und heute
Früher waren Fahrpferde deutlich populärer als Reitpferde. Im Zuge der Industrialisierung verschwanden sie zunehmend aus der Landwirtschaft und als Transportmittel. Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts etablierte sich der Reitsport und damit gingen auch Änderungen in der Pferdezucht einher. Nutzpferde gehörten der Vergangenheit an, der Fokus lag auf Sportlichkeit. Heutzutage stellt auch der Fahrsport hohe Ansprüche an das Pferd. „Grundsätzlich ist jedes Pferd als Fahrpferd geeignet. Früher wurden letztlich auch alle Landbeschäler in den Landgestüten sowohl vor der Kutsche, als auch unter dem Sattel vorgestellt“, weiß der Bundestrainer. Er beschreibt: „Der Fahrsport setzt sich aus drei Disziplinen zusammen, die viel von den Pferden abverlangen – vor allem ganz unterschiedliche Herausforderungen. Mit Blick auf den Sport kann ein Fahrpferd mit einem Vielseitigkeitspferd verglichen werden; es muss also Bewegungqualität haben, aber auch Kampfgeist und Mut. Das sind aber nur Voraussetzungen für den Leistungssport im Fahren. Prinzipiell kann jedes Pferd gefahren werden!“

Lern-Tandem
Generell empfiehlt es sich, ein Jungpferd bereits vor dem Einreiten von einem erfahrenen Fahrer einfahren zu lassen. Muss man selbst noch lernen – warum dann nicht als Lern-Tandem gleichzeitig mit dem Pferd? In vielen Fahrschulen und Ausbildungsställen kann der Besitzer parallel zur Ausbildung seines Pferdes bereits die ersten wichtigen Kenntnisse erwerben und gegebenenfalls bereits den Kutschenführerschein oder das erste Fahrabzeichen ablegen. Das Mitfahren auf dem Wagen während der Ausbildung des Pferdes ermöglicht dem Besitzer direkt mitzuerleben, wie sich sein Pferd vor der Kutsche verhält. Auch die ersten gemeinsamen Fahrten können so von geschulten Trainern begleitet und Fehler direkt korrigiert werden. „Zu Beginn werden ja ein leichter Wagen und leichtes Gelände gewählt. Das Jungpferd baut viel schonender Muskulatur auf und der Rücken wird entlastet. Fahren bietet also auch eine gute Grundlage für das spätere Reiten. Andersherum ist aber auch eine solide Ausbildung unter dem Sattel für jedes Fahrpferd essenziell – die Hilfengebung muss schließlich sitzen, nicht nur für die Dressur“, resümiert der Bundestrainer.

Faszination erleben
Am Ende hält der Fahrsport für jeden etwas bereit. Und wer noch ein bisschen überzeugt werden muss: „Der Vorteil ist, dass man einfach mal irgendwo mitfahren kann, mal auf dem Kutschbock sitzen und so ein Gefühl dafür bekommt, was so fasziniert – meine Erfahrung ist, dann steigt auch so schnell keiner mehr ab“, empfiehlt Karl-Heinz Geiger.
fn-press/Lorella Joschko

Den kompletten Artikel zum "Einstieg in den Fahrsport" gibt es im PM-Forum Digital, dem Mitgliedermagazin der Persönlichen Mitglieder.

Stand: 20.04.2023