Deutsche Reiterliche Vereinigung
22.08.2013 | 15:50 Uhr | Susanne Hennig

EM Herning: Dressurkrimi mit goldenem Ende

Sensationelle Vorstellung von Helen Langehanenberg und Damon Hill

Herning (fn-press). Die Nerven lagen im deutschen Team blank, als Helen Langehanenberg mit Damon Hill um 13.13 Uhr ins Viereck einritt. Knapp 84 Prozent musste das Paar erzielen, um die deutsche Goldmedaille noch zu retten. Geschafft: 84,377 lautete das Juryurteil nach einer Gänsehautvorstellung, bei der Reiterin und Pferd wirklich alles gaben. Nach achtjähriger Abstinenz gewann die deutsche Mannschaft wieder bei einer Europameisterschaft Gold, diesmal vor den Equipen aus den Niederlanden und Großbritannien.

Spannender war Dressur noch nie. Stundenlang wurde gerechnet und hochgerechnet, wieviel Prozent Helen Langehanenberg bekommen muss, damit Deutschland Gold gewinnt. Wie viel muss es sein, um nicht noch hinter den Briten auf dem Bronzerang zu landen? An diesem Donnerstag im Fußballstadion von Herning war alles möglich.

Der Reihe nach: Isabell Werth mit Don Johnson und Fabienne Lütkemeier mit D’Agostino hatten am ersten Grand Prix-Tag mit einem komfortablen Vorsprung die Führung übernommen. Im zweiten Teil am Donnerstag setzte gleich als vierter Reiter der Niederländer Edward Gal mit Undercover eine neue Höchstmarke: 81,763 Prozent. Fürs deutsche Team ging als erste Kristina Sprehe mit ihrem 13-jährigen Hannoveraner Desperados aufs Viereck. Beim Ausritt war der 26-Jährigen die Enttäuschung anzusehen. Der Hengst wirkte phasenweise angespannt, verlor in den ersten beiden Piaffen den Takt und büßte dadurch wertvolle Punkte ein. Im starken Galopp sprang er um – ein Fehler, „der ihm sonst eigentlich nie passiert“, sagte die Studentin aus Dinklage. Trotz der schönen Höhepunkte, zu denen die präzisen Traversalen, die sehr energischen Einerwechsel und der starke Trab gehörten, kam das Paar nicht über 75,061 Prozent.

Damit wurde der Druck auf Schlussreiterin Helen Langehanenberg noch größer, denn weitere britische und niederländische Toppaare erzielten Spitzenergebnisse. Die britische Olympiasiegerin von 2012, Charlotte Dujardin, ritt auf dem Wallach Valegro zu einem neuen Weltrekord im Grand Prix: 85,912 Prozent waren der Lohn für eine makellose, an Höhenpunkten reichen Vorstellung, bei der besonders die Harmonie zwischen Reiterin und Pferd beeindruckt. Gleich im Anschluss sprang auch die niederländische Olympia-Zweite Adelinde Cornelissen mit Parzival über die 80 Prozent (80,866 Prozent).

Helen Langehanenbergs Ritt musste die Entscheidung über Gold, Silber und Bronze bringen. Nervenstark, wie man die 31-Jährige kennt, steuerte sie den 13-jährigen Damon Hill durch die Prüfung. Es reihten sich Höhepunkte an Höhepunkte, jede Lektion klappte mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks und mit viel Ausdruck. Beobachter schwärmten: So gut haben wir Damon Hill noch nie gesehen. Helen Langehanenberg war beinahe fassungslos: „Das war der Ritt meines Lebens. Unglaublich, wie Dami an den Hilfen stand. Wie er mit gekämpft hat. Ich glaube, er wusste genau, worum es heute geht.“ Teamkameradin Isabell Werth, den Tränen nahe, jubelte: „Helen ist unsere Heldin.“ Auch Bundestrainerin Monica Theodorescu war aus dem Häuschen vor Freude. Die Goldmedaille ist auch ihr erster großer Erfolg als Bundestrainerin.

Mit insgesamt 234,651 Prozent gewann das deutsche Team Gold. Denkbar knapp fiel die Entscheidung um Silber und Bronze aus: 233,967 Prozent für die Niederlande und 233,540 für Großbritannien. Am Freitag gehen die Dressurreiterinnen und -reiter erneut aufs Viereck. Dann wird um die Einzel-Medaillen im Grand Prix Special gekämpft, am Sonntag geht mit der Kür diese Europameisterschaft zu Ende.

Ergebnisse und Informationen: www.european-herning.dk

Stand: 22.08.2013