FN LevelUp: Online-Videoanalyse als Ergänzung und Bereicherung
FN-Ausbildungsleiter Thies Kaspareit im Interview
Warendorf (fn-press). Seit Anfang Juni ist sie online: die neue Internetplattform FN LevelUp, mit der Reiter ihren Trainings- und Leistungstand per Videoanalyse überprüfen lassen können. Rund 70 Trainer und Richter haben sich dem Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) mit ClipMyHorse.TV und dem Softwareunternehmen Black Horse One in Kooperation mit SAP bereits angeschlossen. Über die Hintergründe und Ziele von FN LevelUp spricht Thies Kaspareit, Leiter der FN-Abteilung Ausbildung, im Interview:
Frage: Das Thema Digitalisierung ist gerade durch die Corona-Pandemie in aller Munde. Doch zählt nicht gerade im Sport das Live-Erlebnis? Wie lässt sich so eine Online Trainingsüberprüfung denn damit verbinden?
Thies Kaspareit: Es stimmt. Sport bedeutet in der Regel körperlichen Einsatz. Das wird auch immer so bleiben. Genauso wie auch der Trainer vor Ort nicht wegzudenken ist, wenn man eine Sportart erlernen oder sich verbessern will. Dennoch entwickelt sich ja auch das Training ständig weiter, zum Beispiel durch wissenschaftliche Erkenntnisse. Dabei spielt auch die Technik eine immer größere Rolle. Aus dem Kadertraining ist die Videoanalyse beispielsweise kaum noch wegzudenken. Diese Möglichkeit eröffnet FN LevelUp nun allen Reitern.
Frage: Was ist denn der Vorteil der Videoanalyse?
T. Kaspareit: Der Vorteil ist, dass man sich eine Situation mehrfach ansehen kann. Daran kann man besser erkennen, woran man noch arbeiten kann oder wo die Ursachen für ein Problem liegen. Ich war selbst überrascht, wie viel sich bei gründlicher Betrachtung erkennen lässt. Insofern kann man besonders gut grundsätzliche Tipps für das Training geben.
Frage: Wird der Heimtrainer damit überflüssig?
T. Kaspareit: Auf gar keinen Fall. Nur beim Training vor Ort kann ich im entscheidenden Moment den notwendigen Impuls geben oder eine Übung nochmal wiederholen lassen. Das kann ich bei der Videoanalyse nicht. Aus unserer Sicht kann eines das andere nicht ersetzen – aber sich unheimlich gut ergänzen. Insofern raten wir auch immer dazu, den Heimtrainer mit einzubinden. Auch er kann dadurch nur profitieren. Denn entweder wird der externe Trainer ihn in seinem Unterricht bestärken oder er weist vielleicht auf einen Aspekt hin, der bis dahin noch gar nicht so aufgefallen ist. Auch das hilft ja weiter.
Frage: Für wen eignet sich FN LevelUp?
T. Kaspareit: Auf der Aktiven-Seite für alle diejenigen, die reiterlich weiterkommen wollen und offen sind für neue Anregungen und konstruktive Kritik. Dabei ist es egal, welche Art von Pferd sie reiten oder auf welchem Niveau. Wir erhoffen uns, damit sogar neue Zielgruppen zu erschließen, die bislang mit Verein oder Richtlinien nicht viel zu tun hatten. Oder Reiter auf diese Weise dazu zu motivieren, sich auch einmal in der Realität bei einem Turnier einer Prüfungssituation zu stellen. Wobei an dieser Stelle noch einmal betont sei, dass FN LevelUp nichts mit Online-Turnieren zu tun hat.
Frage: Wer kann als Richter und Trainer mitmachen?
T. Kaspareit: Im Grunde kann jeder qualifizierte Richter oder Trainer mitmachen, wobei einige Landesverbände noch zurückhaltend, einzelne sogar ablehnend sind, was die Beteiligung ihrer Richter angeht. Wir bedauern das sehr, aber können und wollen niemanden zwingen. Wer mitmachen will, sollte offen für diese neue Technik sein. Die Art der Noteneingabe per eProtokoll wird auch auf den Turnieren immer mehr werden, international ist das bereits verbreitet. Insofern ist es eine gute Schulung für Richter. Als Trainer bewerte ich die eingesandten Ritte und Trainingsausschnitte mit einem mündlichen Kommentar. Wem das Reden und Erklären leichtfällt, ist hier besonders gut aufgehoben. Allerdings bitte ich alle um etwas Geduld. Wir stehen mit FN LevelUp erst am Anfang. Es muss sich erst einmal herumsprechen, dass es das gibt und was es bringt. Ich bin aber überzeugt, dass es eine gute Ergänzung und Bereicherung zu unserem bisherigen Ausbildungssystem ist. Und wie heißt es so schön: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.
Das Interview führte Uta Helkenberg.
