Deutsche Reiterliche Vereinigung

Ausbildung des Pferdes

Die klassische Reitlehre und die Skala der Ausbildung beim Pferd

Jeder Reiter wünscht sich ein Pferd, das gesund und angenehm zu reiten ist, das willig mitarbeitet und dabei freundlich und gut erzogen ist. Doch bis ein Pferd all diese positiven Eigenschaften vereint, muss es sorgfältig ausgebildet werden. Und nicht nur das Pferd, sondern auch der Reiter muss über viele Jahre hinweg geschult werden, bis er wirklich gut - also pferdegerecht und sicher reiten kann. Eine qualifizierte Ausbildung ist das Fundament für eine harmonische Reiter- Pferd- Beziehung, egal auf welchem sportlichen Level oder in welcher Disziplin.

Genau dieses Fundament bildet in der Pferdeausbildung die klassische Reitlehre. Sie ist ein lebendiges und modernes System, das auf den bewährten Grundprinzipien der alten Meister aufbaut und sich ständig durch neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung weiterentwickelt. Dabei orientiert sich die klassische Reitlehre stets an der Natur des Pferdes, das heißt an seinen natürlichen Bedürfnissen. Ein Pferd, das nach den Grundsätzen der klassischen Reitlehre ausgebildet wird, hat Vertrauen zum Reiter, arbeitet willig mit diesem zusammen und zeigt sich zufrieden und leistungsbereit. Die Grundausbildung des Pferdes ist in der klassischen Reitlehre auf das Wohl und die Gesunderhaltung des Pferdes ausgerichtet.

Klassische Reitlehre

Die klassische Reitlehre...

  • orientiert sich an der Natur, d.h. an den Bedürfnissen und den natürlichen, individuellen Anlagen des Pferdes
  • berücksichtigt die körperlichen Voraussetzungen des Pferdes und das natürliche Verhalten
  • ist bei richtiger Anwendung artgerecht und führt zum Wohlbefinden des Pferdes
  • zielt ab auf eine ausgewogene Gymnastizierung und Kräftigung des Pferdes
  • bezieht sich auf die Ausbildung eines jeden Pferdes und ist abwechslungsreich und vielseitig angelegt
  • schafft und erhält ein leistungsbereites, willig und vertrauensvoll mitarbeitendes Pferd
  • fordert vom Reiter einen elastischen, ausbalancierten Sitz, eine gefühlvolle, feine Hilfengebung sowie das Verständnis für die Natur des Pferdes und die Zusammenhänge dieser Reitlehre
  • führt zum inneren und äußeren Gleichgewicht bei Pferd und Reiter

Die Ausbildungsskala des Pferdes

Die Ausbildungsskala mit ihren sechs Punkten stellt ein ganzheitliches Ausbildungssystem dar und gilt für alle Pferde und alle Sparten der Reiterei - ganz gleich ob Dressur-, Spring- oder Freizeitpferd. Sie ist durchaus mit einem roten Faden in der gesamten Pferdeausbildung zu vergleichen, denn sie findet ihre Anwendung nicht nur in der Grundausbildung des jungen Pferdes, sondern gibt auch den Rahmen für jede Trainingseinheit mit dem älteren, weiter ausgebildeten Pferd vor. In der Skala der Ausbildung verschmelzen die Kenntnisse über die Natur des Pferdes mit dem Wissen aus der Trainingslehre zum „Herzstück“ der klassischen Reitlehre.

 

Die sechs Punkte der Skala der Ausbildung

Die sechs Punkte der Skala sind nicht schematisch, sondern systematisch zu verstehen, das heißt, sie beeinflussen sich gegenseitig und entwickeln sich teilweise parallel – sowohl in der gesamten Ausbildung des Pferdes als auch beim täglichen Reiten. In Verbindung mit der Erziehung im Umgang und der Arbeit am Boden werden durch die Skala der Ausbildung das GLEICHGEWICHT und die DURCHLÄSSIGKEIT des Pferdes immer weiter gefördert, so dass am Ende der Pferdeausbildung ein gesundes, gehorsames und leistungsbereites Pferd dem Reiter lange Freude bereitet.

TAKT
Takt - das ist das Gleichmaß aller Schritte, Tritte und Sprünge. Taktmäßige Bewegungen sind die Grundvoraussetzung für jede weitere Arbeit. Takt hat viel mit dem richtigen Tempo zu tun. Ein dauerhaft falsch gewähltes Tempo erschwert es dem Pferd, Gleichgewicht und Takt zu finden. Sein Auge und Gefühl für das individuelle Wohlfühltempo des Pferdes und seine Bewegungsabläufe zu schulen, ist eine Aufgabe für alle Reiter*innen und Ausbilder*innen. Hier gibt es drei Tipps für einen sicheren Takt.

  • Schritt - Viertakt
    Erkennt man deutlich am Klang. Schreitet das Pferd geregelt, bilden das Vorder- und Hinterbein auf einer Seite für einen kurzen Moment ein V.
  • Trab - Zweitakt
    Die diagonalen Beinpaare fußen parallel ab. Das heißt vorne links und hinten rechts, Schwebephase, vorne rechts und hinten links, Schwebephase.
  • Galopp - Dreitakt in sechs Phasen
    Eine Besonderheit des Galopps ist der sogenannte Handgalopp: Je nachdem welches seitliche Beinpaar weiter vorgreift, sprechen wir von Links- oder Rechtsgalopp, im Handgalopp ist es stets das innere Beinpaar.

LOSGELASSENHEIT
Losgelassenheit - das ist das unverkrampfte An- und Entspannen der Muskulatur, bei innerer Gelassenheit. Nur ein Pferd, das körperlich und mental losgelassen ist, ist leistungsbereit und leistungsfähig. Das Pferd kann nicht losgelassener sein, als der Mensch im Sattel. Das losgelassene Pferd dehnt sich vertrauensvoll an das Gebiss heran – es bewegt sich in Dehnungshaltung und lässt den Hals aus dem Widerrist heraus fallen. Diese Dehnungsbereitschaft ist die Grundvoraussetzung für das Erarbeiten einer korrekten Anlehnung und nimmt damit eine Schlüsselfunktion ein. Hier gibt es fünf Tipps für mehr Losgelassenheit.

ANLEHNUNG
Anlehnung - das ist die stete, weich federnde Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul. Korrekte Anlehnung entsteht durch Treiben von hinten nach vorn – an die Hand heran. Nur wenn sich das Pferd losgelassen an das Gebiss herandehnt, entsteht eine konstante Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul und nur daraus kann sich Anlehnung entwickeln. Vom Pferd gesucht, vom Reiter gestattet- dieser Grundsatz stellt klar, dass Anlehnung das Vertrauen zur Reiterhand braucht. Wer Anlehnung nur mit dem Zügel oder mit Zwang zu erreichen versucht, befindet sich in einer Sackgasse. Neun Tipps für eine feinere Anlehnung gibt es hier.

SCHWUNG
Schwung - das ist die Übertragung des energischen Impulses aus der Hinterhand über den schwingenden Rücken auf die Gesamt-Vorwärts-Bewegung des Pferdes. Schwung entsteht erst, wenn der Rücken losgelassen schwingt. Es besteht also ein wichtiger Zusammenhang zwischen Losgelassenheit, Rückentätigkeit und Schwung. Dabei hat Schwung nichts mit Tempo zu tun. Der Schritt hat keine Schwebephase und ist keine schwunghafte Gangart. Trab und Galopp haben eine Schwebephase und sind daher von Natur aus schwunghaft. Schwungvoll werden Bewegungen, wenn sich die Momente der Schwebephase verlängern – daran gilt es, zu arbeiten. Hier gibt es vier Tipps für mehr Schwung.

GERADERICHTUNG
Geraderichtung - das ist das gleichmäßige Gymnastizieren beider Körperhälften zum Ausgleichen der natürlichen Schiefe des Pferdes. Das Geraderichten dient dazu, die natürliche Schiefe auszugleichen, die jedes Pferd von Natur aus mitbringt. Ein Pferd, das geradegerichtet ist, bewegt sich mit Vorder- und Hinterbeinen auf einer Hufschlaglinie, das heißt also, dass das jeweils gleichseitige Beinpaar auf einer Linie geht und die Längsachsen aufeinander ausgerichtet sind. Das spielt eine wichtige Rolle für die Gesunderhaltung des Pferdes, denn nur so kann das Pferd das Gewicht gleichmäßig auf beide Körperhälften verteilen. Andernfalls kommt es durch das Ungleichgewicht zur einseitigen Belastung von Muskeln, Sehnen und Gelenken.

Pferde haben eine sogenannte "hohle Seite" und eine "Zwangseite". Wenn das Pferd nach rechts schief ist, dann hat es rechts die hohle Seite. Das merkt der Reiter daran, dass

  • das Pferd nicht sicher an den rechten Zügel herantritt, sich aber auf den linken Zügel vermehrt stützt.
  • das Pferd in Rechtswendungen über die Schulter nach außen ausweicht und zum Beispiel Volten oft zu groß werden.
  • der Linksgalopp sicherer und ausbalancierter ist und das Pferd auch fliegende Wechsel nach links besser springt.
  • der Reiter vor allem im Rechtsgalopp nach links gesetzt wird und in der Hüfte einknickt.

Ursache ist die Schiefe des Pferdes: Das rechte Hinterbein fußt außen an der Spur des Vorderbeins vorbei und entwickelt weniger Schub. Das linke Hinterbein trägt mehr zur Schubkraft bei und dadurch wird das linke Vorderbein mehr belastet. Bei einem Pferd, das nach links schief ist, treffen diese Punkte andersherum zu. Praxis-Tipps für das Geraderichten gibt es hier.

VERSAMMLUNG
Versammlung - das ist das leichtfüßige Ausbalancieren auf kleinerer Grundfläche mit energisch herangeschlossenen Hinterbeinen in selbst getragener Haltung. Versammlung ist nur wertvoll, wenn Fleiß und Takt erhalten bleiben. Wichtiger Punkt bei der versammelnden Arbeit: Der Reiter muss immer daran denken, dass das für das Pferd wirklich anstrengend ist - vergleichbar mit der Kniebeuge beim Menschen. Daher gilt es die Anforderungen langsam zu steigern und dem Pferd zwischendurch immer wieder genügend Pausen zu geben, um die Muskulatur zu entspannen. Drei versammelnde Übungen für die Praxis gibt es hier.

Unsere Empfehlung

Ausbildung junger Pferde
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Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der Ausbildung unter dem Reiter, wobei insbesondere auf die Losgelassenheit, die Dehnungshaltung und die Korrektur möglicher Anlehnungsfehler eingegangen wird. Eine detaillierte Anleitung erleichtert es dem Leser, die Ausbildungsschritte der klassischen Reitlehre genau nachzuvollziehen.

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Stand: 18.01.2023