Deutsche Reiterliche Vereinigung

Entwurmung von Pferden: Parasitenkontrolle und Wurmkur

Pferde müssen sich ihr Leben lang immer wieder mit Magen-Darm-Parasiten auseinandersetzen. In den meisten Fällen gelangen die Würmer als Larven in das Pferd, indem sie bei der Aufnahme von Gras oder anderem Futter mitgefressen werden. Anschließend wandern die Larven auf verschiedenen Wegen durch den Pferdekörper in den Magen oder den Darm, wo sie sich zu erwachsenen Würmern entwickeln und dort häufig dauerhaft leben. Schon auf ihrer Wanderung schaden die Larven dem Gewebe zum Beispiel in den Blutgefäßen, der Lunge und der Darmwand. Die erwachsenen Würmer heften sich der Magen- oder Darmwand an und ernähren sich von ihrem Wirt. Dadurch wird die Schleimhaut geschädigt und es kann zu Verdauungsproblemen und Blutarmut kommen. Sind sehr viele Würmer vorhanden, verstopfen diese den Darm regelrecht. Die erwachsenen Würmer legen Eier, welche mit den Pferdeäpfeln ausgeschieden werden und so wieder in die Umwelt gelangen. Aus den Eiern entwickeln sich neue Larven, die mehrere Entwicklungsstadien in der Außenwelt durchlaufen und dann wieder von Pferden aufgenommen werden. Wird dieser Kreislauf nicht unterbrochen, infizieren sich immer mehr Pferde mit den Würmern und die Zahl der Würmer im einzelnen Pferd steigt stetig weiter an.

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Symptome einer Verwurmung

Symptome einer Verwurmung sind unter anderem Abmagerung, stumpfes Fell, Durchfall, Kolik und Fieber. Die von den Würmern verursachten Schäden können dabei so stark sein, dass sie das Leben des Pferdes gefährden. Da es zurzeit wirksame und gut verträgliche Mittel gegen Magen-Darm-Parasiten gibt, treten so schwere Erkrankungen glücklicherweise nur noch selten auf. Damit die Mittel weiter wirksam bleiben, ist jedoch ein durchdachter Einsatz notwendig. Seit einigen Jahren beschäftigt Parasitologen, Tierärzte und auch Pferdebesitzer ein Problem: Würmer werden zunehmend resistent gegen die verfügbaren Wirkstoffe in Wurmkuren, doch Alternativen sind nicht in Sicht. Was ist zu tun?

Zeitgemäße Entwurmung: Weniger Wurmkuren

Als man das Problem der fortschreitenden Resistenzentwicklung erkannte, forderte man ein Umdenken beim Parasitenmanagement: Weg von Entwurmungen nach einem festgelegten Schema, hin zu alternativen Konzepten, die genau auf den jeweiligen Bedarf zugeschnitten sind. Unstrittig ist nämlich, dass die Häufigkeit der Verabreichung von Wurmkuren im direkten Zusammenhang mit der Entwicklung von Resistenzen bei den Parasiten steht: Würmer, die immun gegen die Wirkstoffe sind, hat es schon immer gegeben. Diese waren jedoch klar in der Minderheit gegenüber der nicht resistenten Population. Je öfter man mittels Wurmkur die empfindlichen Würmer abtötet, desto rascher vermehren sich die unempfindlichen. Für die Pferdegesundheit ist es auf Dauer also von entscheidender Bedeutung, dass genügend empfindliche Würmer überleben. Mit anderen Worten: „Viel hilft viel!“ war gestern. Heute muss das Motto in Sachen Parasitenmanagement lauten: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“. Pferdehalter und Pensionsstallbetreiber müssen sich daher in Zusammenarbeit mit ihrem Tierarzt intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen.

Strategische und selektive Entwurmung

Grundsätzlich existieren zwei Konzepte zur Entwurmung: Das strategische und das selektive. Die deutsche Gruppe des European Scientific Counsel Companion Animal Parasites (ESCCAP Deutschland e.V.) ist eine Vereinigung von Parasitologen und Tierärzten, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Informationen zum Schutz vor Parasiten zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang hat ESCCAP Deutschland e.V. 2019 eine Handlungsempfehlung bezüglich des Umgangs mit Würmern bei Pferden veröffentlicht, die sich mit beiden Konzepten auseinandersetzt.

Unter einer strategischen Entwurmung wird hier nicht eine reine Routine-Entwurmung nach einem für alle Pferde gleich vorgegebenen Plan verstanden. Im Gegenteil: Es wird dringend empfohlen, dass der Entwurmungsplan auf den Betrieb zugeschnitten und auf die jeweilige Pferdealtersgruppe angepasst sein muss. Mehrmals jährlich müssen dabei (Sammel-)Kotproben der verschiedenen Gruppen untersucht werden, um das Vorkommen einzelner Wurmarten zu bestimmen. Für erwachsene Pferde empfiehlt der ESCCAP-Leitfaden zum Beispiel ein viermal jährliches Monitoring. Auch der Erfolg einer durchgeführten Entwurmung sollte durch einen Eizahl-Reduktions-Test (EZRT) regelmäßig kontrolliert werden, um Resistenzen frühzeitig zu erkennen. Hierbei wird im Labor die Anzahl der gefundenen Wurmeier in vor und nach der Entwurmung genommen Proben verglichen. Je nach Parasitenart muss sich die Anzahl der Eier sehr deutlich reduziert haben oder es dürfen keine Eier mehr nachweisbar sein, damit man die Wurmkur als wirksam bezeichnen kann. Beachtet man diese Regeln, kann unter Umständen die Frequenz der strategischen Entwurmungen bei erwachsenen Pferden auf zweimal jährlich gesenkt werden: Im Februar/März wird nur bei Bedarf entwurmt, eine feste Entwurmung folgt im Juni/Juli. Im August wird die Entwurmung wieder vom Ergebnis des Monitorings anhängig gemacht, die nächste feste Wurmkur findet im Herbst statt, üblicherweise im November/Dezember.

Ein Nachteil der strategischen Konzepte bleibt aber weiterhin, dass zum Teil auch Pferde behandelt werden, die keine oder nur wenige Wurmeier ausscheiden. Und genau darin liegt der Unterschied zur selektiven Entwurmung, bei der nicht alle Pferde einer Gruppe pauschal mit demselben Mittel zur selben Zeit behandelt werden, sondern nur diejenigen, bei denen man nach individueller Kotprobenuntersuchung auch tatsächlich eine bestimmte Mindestmenge an Parasiten feststellen konnte. Diesen Konzepten liegt die Annahme zugrunde, dass ein geringer Befall je nach Parasitenart dem Pferd grundsätzlich nicht schadet.

Das Prinzip der selektiven Entwurmung ist einfach: Im Vorfeld werden Schwellenwerte bezüglich der akzeptablen Anzahl an Parasiteneiern pro Gramm Kot definiert. Mittels Eizählung in Kotproben werden diejenigen Pferde eines Bestandes ermittelt, die „starke Ausscheider“ sind, deren frischer Kot also 200 Eier (EpG) und mehr pro Gramm aufweist. Im ersten („Monitoring“-)Jahr wird jedes Pferd mindestens viermal beprobt. Danach können, je nach Ergebnis der Proben im ersten Jahr, die Intervalle auf dreimal jährlich ausgedehnt werden. Starke Ausscheider werden mit einer entsprechenden, vom Tierarzt verordneten Wurmkur behandelt. Anschließend wird auch hier der Erfolg mittels eines Eizahl-Reduktions-Testes (EZRT) kontrolliert. Gegebenenfalls muss nachbehandelt werden. Der Schwellenwert von >200 EpG bezieht sich dabei ausschließlich auf Strongyliden. Bei allen anderen Parasiten gilt: Wurmkur, sobald ein positiver Befund vorliegt! Und wenn auch nur ein einziges Pferd einen positiven Bandwurmbefund hat, muss der gesamte Bestand behandelt werden.

Hintergrund zur selektiven Entwurmung

„Das Ziel ist, dass nur tatsächlich behandlungsbedürftige Pferde eine Wurmkur bekommen“, erklärt Dr. Marcus Menzel, Tierarzt aus Bayern, der seine Doktorarbeit zum Thema zeitgemäße (+selektive) Entwurmung am Lehrstuhl für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie der Veterinärmedizinischen Fakultät an der LMU München unter Betreuung des renommierten Parasitologen Prof. Dr. Kurt Pfister geschrieben hat. Bei diversen Studien zur zeitgemäßen (+selektiven) Entwurmung habe man herausgefunden, dass maximal 30 Prozent aller erwachsenen Pferde wirklich behandelt werden müssen, fährt Dr. Menzel fort. Er erklärt: „Das unspezifische Entwurmen wurde in den 1960er-Jahren im Kampf gegen die Großen Strongyliden angewendet und war damals sehr erfolgreich. Doch dann hat man es ungeprüft weitergeführt und auf alle anderen für Pferde relevanten Endoparasiten übertragen.“ Das wirft zweierlei Probleme auf: Zum einen die zunehmenden Resistenzen, zum anderen die Belastung des Pferdekörpers mit einem Medikament, von dem gar nicht sicher ist, dass es tatsächlich gegen die Parasiten hilft. Dr. Menzel: „Die Tierärztliche Hausapothekenverordnung fordert, dass wir eine Diagnose stellen, behandeln und dann den Erfolg der Behandlung kontrollieren. In der Praxis sieht es anders aus. Da werden seit Jahren unhinterfragt immer die gleichen Wurmkuren gegeben, ohne ein einziges Mal zu überprüfen, ob sie überhaupt wirken.“

Im ESCCAP-Leitfaden wird die selektive Entwurmung nur für erwachsene Pferde empfohlen, für jüngere Pferde wird ein strategisches Entwurmungskonzept angeraten. Auch bei der selektiven Entwurmung sieht der ESCCAP-Leitfaden am Ende des Jahres eine Wurmkur für alle Pferde vor, die bis dahin nicht behandelt wurden. Wissenschaftlich sei nicht vollständig gesichert, dass Pferde, die wenige oder keine Eier ausscheiden, tatsächlich immer nur eine zu vernachlässigende Wurmbürde haben, so die Experten. Blieben diese Tiere unbehandelt, könnte das eine Gesundheitsgefährdung bedeuten.

Dr. Marcus Menzel widerspricht dem: „Wir sind dagegen, aus blinder Angst den Pferden sinnlos Medikamente zu verabreichen! Egal bei welcher Strategie, ein Restrisiko bleibt. Und aus der Erfahrung heraus kann ich sagen: Wir kontrollieren seit einigen Jahren rund 5.000 Pferde. Von denen ist noch keines an den Folgen einer Verwurmung gestorben.“ Außerdem weist Dr. Menzel darauf hin, dass ein geringgradiger Wurmbefall – wie er unausweichlich ist – für die Pferde keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigung bedeutet. Im Gegenteil, das Immunsystem werde dadurch angeregt. Jedoch betont er auch, dass definitiv entwurmt werden muss, wenn die Untersuchungsergebnisse den Schwellenwert überschreiten – und zwar mit einem vom Tierarzt verordneten Medikament, keinesfalls mit Kräutern!

Wichtig ist, dass sich der Pferdehalter beim Entwurmen für eine Vorgehensweise entscheidet und diese systematisch anwendet. Dafür sollten sich Stallbetreiber und Pferdebesitzer gemeinsam mit ihrem Haustierarzt oder einem auf Parasitologie spezialisierten Tierarzt mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze für die eigene Pferdegruppe abwägen.

Wurmkuren: Was muss beachtet werden?

Pferde, die in einem gemeinsamen Stall gehalten werden und/oder gemeinsame Auslaufflächen benutzen, stecken sich immer wieder gegenseitig mit Würmern an. Ein Entwurmungskonzept ist daher dann am sinnvollsten, wenn es die gesamte Pferdegruppe umfasst und neben der Entwurmung auch ein Hygienekonzept beinhaltet.

Ist ein passendes Konzept gefunden und eine Entwurmung steht an, gilt es zu beachten: Egal, ob als Paste, Pellets, Gel oder in Tablettenform – wichtig ist, dass die Wurmkur ausreichend hoch dosiert wird! Das genaue Gewicht eines Pferdes kann nur über das Wiegen ermittelt werden. Ist dies nicht möglich, kann das Gewicht bei ausgewachsenen Pferden mit Hilfe folgender Formel geschätzt werden:

Gewicht (kg) = [Brustumfang (cm) x Brustumfang (cm) x Körperlänge (cm)] : 11900

Der Brustumfang wird dabei direkt hinter dem Ellenbogen, die Körperlänge vom Buggelenk bis zum Sitzbeinhöcker gemessen.

Spezialfall Jungpferde

Fohlen und junge Pferde haben noch keinen ausgeprägten Immunschutz. Deshalb muss man ihnen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Entwurmungskonzepte für adulte Pferde dürfen nicht auf Jungtiere übertragen werden. Im ESCCAP-Leitfaden findet man speziell für Fohlen als auch für Jährlinge und Jungpferde (bis einschließlich vier Jahre) entworfene Entwurmungsschemata, an denen man sich gut orientieren kann. Ein zusätzliches individuelles Monitoring wird auch hier empfohlen, um - je nach Wurmbefall im Bestand - die Entwurmungen anpassen zu können.

Hygienemaßnahmen zur Parasitenkontrolle

Neben der Wahl eines geeigneten Konzeptes ist es essentiell, so viele vorbeugende Maßnahmen wie möglich zu ergreifen, um die Verbreitung von Würmern zu verhindern. Dazu gehören vor allem eine gute Stall- und Weidehygiene:

Auf der Weide:

  • Regelmäßiges Abäppeln (alle zwei bis drei Tage)
  • Geringe Besatzdichte (ideal: zwei Pferde pro Hektar)
  • Regelmäßiger Weideumtrieb
  • Wechselbeweidung mit Rindern
  • Zwischendurch abmähen
  • Ausbringen von Kalkstickstoff im Frühjahr

Im Stall:

  • Tägliches Ausmisten
  • Regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Boxen

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Stand: 15.10.2021